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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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die Kampfhandlungen selbst, sondern die Hintergründe <strong>und</strong> Auswirkungen der<br />

politischen Aufstände im regionalen Kontext zusammengefasst werden.<br />

5.4.1 Der „Pfrimer-Putsch“<br />

Der von Walter Pfrimer geplante <strong>und</strong> geleitete Aufstand basierte auf der Annahme,<br />

sein Unternehmen würde von Teilen der B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> der steirischen Landesregierung<br />

sowie von Gendarmerie <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esheer unterstützt werden. Dass er von den<br />

anderen Heimwehrführern kaum Hilfe zu erwarten hatte, wusste Pfrimer vermutlich.<br />

Der Putsch 795 sollte bereits im Herbst 1930 stattfinden, wurde jedoch auf Betreiben<br />

des damaligen Innenministers Starhemberg im Keim erstickt. Wahrscheinlich<br />

empfand Pfrimer große Genugtuung, als sich Starhemberg im Frühjahr 1931 wegen<br />

finanzieller Probleme von der Führung des Heimatschutzes beurlauben ließ. 796 Der<br />

Plan sah zunächst vor, die in der Obersteiermark stationierten Männer auf eine<br />

Falschmeldung hin zu den Waffen zu rufen. Schwere Zusammenstöße des Republikanischen<br />

Schutzb<strong>und</strong>es mit der Gendarmerie im Ennstal sollten den Anlass für<br />

das Aufgebot des Heimatschutzes liefern. Der Aufruf befahl den Heimatschützern,<br />

mit der staatlichen Exekutive „zusammenzuwirken“; die Bevölkerung sollte Ruhe<br />

bewahren <strong>und</strong> der staatlichen Exekutive sowie den „Freiwilligen“ keinen Widerstand<br />

leisten. 797 Nach der Besetzung von Gendarmerie- <strong>und</strong> Polizeidienststellen,<br />

Ämtern <strong>und</strong> Behörden sowie wichtigen Bahn- <strong>und</strong> Straßenverbindungen sollte mit<br />

dem „Marsch auf Wien“ die Staatsmacht im Sinne der von Pfrimer proklamierten<br />

Verfassung handstreichartig übernommen werden. Bekanntlich ging der Putsch vom<br />

13. September 1931 aus mehreren Gründen fehl, hauptsächlich jedoch, weil Pfrimer<br />

die Bereitwilligkeit führender Politiker <strong>und</strong> der Exekutive aktiv mitzuwirken, falsch<br />

eingeschätzt hatte. Wie bereits in einem früheren Kapitel dargelegt, stellte sich Walter<br />

Pfrimer, der Anfang Mai 1931 die B<strong>und</strong>esführung der Heimwehren von Starhemberg<br />

übernommen hatte, zunehmend gegen die Interessen der industriellen Geldgeber,<br />

die eine Stärkung der bürgerlichen Fraktion im Parlament durch den Heimatblock<br />

wünschten. Im Frühjahr 1931 ging der Heimatblock, der unter dem direkten Einfluss<br />

Österreichische Sozialdemokratie 1888–1988 (Wien 1988); Erich Fröschl, Helge Zoitl (Hrsg.),<br />

Februar 1934. Ursachen, Fakten, Folgen (Beiträge zum wissenschaftlichen Symposion des Dr-Karl-<br />

Renner-Instituts abgehalten vom 13.–15.2.1984 in Wien); Everhard Holtmann, Zwischen Unterdrückung<br />

<strong>und</strong> Befriedung. Sozialistische Arbeiterbewegung <strong>und</strong> autoritäres Regime in Österreich<br />

1933–1938 (= Studien <strong>und</strong> Quellen zur österreichischen Zeitgeschichte 1, Wien 1978); Anson Rabinbach,<br />

Vom Roten Wien zum Bürgerkrieg (Wien 1989); Manfred Marschalek (Hrsg.), Untergr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Exil. Österreichs Sozialisten zwischen 1934 <strong>und</strong> 1945 (=Sozialistische Bibliothek Abt. I:<br />

Die Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie 3, Wien 1990); Robert Hinteregger, Karl<br />

Müller, Eduard Staudinger (Hrsg.), Auf dem Weg in die Freiheit (Graz 1984); Werner Anzenberger,<br />

Martin Polaschek, Widerstand für eine Demokratie (Graz 2004).<br />

795 Der militärische Operationsplan stammte von General Ellison von Nidlef (1868–1947): http://<br />

www.austro-hungarian-army.co.uk/biog/ellison.html, 14.10.2009.<br />

796 Pauley, Hahnenschwanz, S. 107–126.<br />

797 ÖStA AdR Ktn.4871 BKA Inneres 22/gen 1932 (GZ.131.189 GD.1/23) Gegenstand: Heimwehrputsch<br />

am 13. September 1931.

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