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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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130<br />

4.4 Die Heimwehrbewegung in der Steiermark 378<br />

Neben den offiziellen Orts- <strong>und</strong> Sicherheitswehren 379 , die in den ersten Nachkriegstagen<br />

unter Hans Resel, einem der Militärbevollmächtigten des Landes, gebildet wurden,<br />

formierten sich so genannte Bauernwehren in der südöstlichen Steiermark, die<br />

bald dem „Untersteirischen Bauernkommando“ Dr. Willibald Brodmanns unterstanden.<br />

Diese fungierten teils als zivile Schutz- <strong>und</strong> Abwehreinheiten gegen Plünderungen<br />

<strong>und</strong> Requirierungen, teils als Grenzschutzformationen im südlichen Grenzgebiet<br />

zum SHS-Staat. Gleichzeitig wurden sozialdemokratisch dominierte Arbeiterwehren<br />

als Betriebsschutz in Donawitz, Leoben, Bruck <strong>und</strong> Graz aufgestellt. In den Betrieben<br />

der Mur-Mürz-Furche, wo es im Jänner 1918 zu kriegsbedingten Streiks gekommen<br />

war, war es der Sozialdemokratie zwar gelungen, die Streikbewegung unter Kontrolle<br />

zu halten; allerdings brachte ihr die Taktik der radikalen Agitation den Ruf eines<br />

Wegbereiters „russischer Zustände“ ein. 380 Für die Indus triegebiete der Obersteiermark<br />

war die Gründung des „Deutschen Volksrates“ durch den deutschnational<br />

gesinnten Rechtsanwalt Walter Pfrimer in Judenburg von weitreichender Bedeutung.<br />

Pfrimer definierte seine Wehrformation als „überparteiliche Volksbewegung“, die<br />

nicht gegen die Arbeiterschaft, sondern gegen den Klassenkampf gerichtet war. Ab<br />

1927 dominierten der Steirische Heimatschutz <strong>und</strong> der Republikanische Schutzb<strong>und</strong><br />

nicht nur den Alltag in der obersteirischen Industrieregion, sondern übten einen<br />

verhängnisvollen Einfluss auf die österreichische Innenpolitik aus. 381<br />

4.4.1 Der Aufstieg der Heimwehrbewegung 382<br />

In der ersten Woche nach dem Waffenstillstand im November 1918 herrschte auch in<br />

Leoben das Chaos: Trotz aller „vorbeugenden Maßnahmen“, so ein Zeitungsbericht,<br />

378 Nach wie vor maßgeblich zum Thema Steirischer Heimatschutz: Bruce F. Pauley, Hahnenschwanz<br />

<strong>und</strong> Hakenkreuz. Der Steirische Heimatschutz <strong>und</strong> der österreichische Nationalsozialismus 1918–<br />

1934 (Wien 1972); Wiltscheggs gesamtösterreichische Darstellung enthält sehr interessante Einblicke<br />

<strong>und</strong> wertvolle Details zu den handelnden Personen: Walter Wiltschegg, Die Heimwehr. Eine<br />

unwiderstehliche Volksbewegung? (=Studien <strong>und</strong> Quellen zur österreichischen Zeitgeschichte 7,<br />

Wien 1985); eine informative Quelle ist das Heimatschutzjahrbuch 1933: Österreichisches Heimatschutz<br />

Jahrbuch 1933. Für Heimat, Volk <strong>und</strong> Vaterland! hrsg. von der Landesleitung des Heimatschutzverbandes<br />

Steiermark, 1.Jg. 1. Aufl. (Graz 1932).<br />

379 Zeitungsmeldungen zufolge lauteten die korrekten Bezeichnungen der von den steirischen Militärbevollmächtigten<br />

dekretierten Wehren wie folgt: Die von den Gemeinden aufgestellten <strong>und</strong> verpflegten<br />

„Heimwehren“; die von gedienten Soldaten zusammengesetzten „Sicherheitswehren des<br />

Landes“ (Landesschützen), welche zusammen mit der aus aktiven Soldaten gebildeten „Volkswehr“<br />

vom Staat verpflegt <strong>und</strong> entlohnt wurden. Unabhängig davon entstanden in Graz eine „Bürgerwehr“,<br />

ein „Arbeiterhilfskorps“, sowie die „Studentenwehr“, die den Grazer Hauptbahnhof in den<br />

kritischen Tagen des Umsturzes bewachte. In: Grazer Volksblatt (5.11.1918) S. 1; (18.11.1918) S. 4.<br />

380 Gerhard Pferschy, Über Kräfte <strong>und</strong> Ideen im politischen Leben der Steiermark während der Ersten<br />

Republik. In: ZdHVSt 80 (1989) 247–250.<br />

381 Karner, Steiermark, S. 135.<br />

382 Walter Wiltscheggs gesamtösterreichische Darstellung enthält interessante Einblicke <strong>und</strong> wertvolle<br />

Details zu den handelnden Personen: Walter Wiltschegg, Die Heimwehr. Eine unwidersteh-

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