11.09.2012 Aufrufe

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

144<br />

4.4.4.2 Zur personellen Verflechtung der ÖAMG mit dem Heimatschutz<br />

<strong>und</strong> der Unabhängigen Gewerkschaft 426<br />

Mit der Übernahme von 56 Prozent der Aktien des größten österreichischen Arbeitgebers<br />

durch die Düsseldorfer Vereinigten Stahlwerke im Jahr 1926 war die Österreichische<br />

Alpine Montangesellschaft zu einem der Hauptlieferanten von Roh- <strong>und</strong><br />

Gusseisen des deutschen Mutterkonzerns geworden. Mit Dr. Anton Apold (1877–<br />

1950) stand der Generaldirektion in Wien von 1922 bis 1935 ein Mann vor, welcher<br />

der österreichischen Sozial- <strong>und</strong> Wirtschaftspolitik, besonders den Auslandsanleihen,<br />

sehr kritisch gegenüberstand. Ihm schwebte vielmehr ein wirtschaftlicher Anschluss<br />

Österreichs an Deutschland vor; im Idealfall sollte die ÖAMG als Flaggschiff des<br />

deutschen Stahlriesen den Ausbau einer „Großraumwirtschaft“ im Mittel- <strong>und</strong><br />

Südosteuropa vorantreiben. 427 Mit ihren Produktionsstätten in der Steiermark <strong>und</strong><br />

Kärnten stellte die ÖAMG den einzigen Großkonzern europäischer Dimension dar.<br />

Die Größe ihrer Belegschaft war für Österreichs eher klein strukturierte gewerblichindustrielle<br />

Landschaft untypisch. In der Zwischenkriegszeit beschäftigte die Alpine<br />

je nach konjunktureller Lage 7000 (1932/1933) bis 19.000 (1922) Personen. 428 1930<br />

verfügte die ÖAMG über größere Betriebe in folgenden obersteirischen Industrieorten:<br />

Braunkohlenbergbaue in Seegraben <strong>und</strong> Fohnsdorf; Erzbergbaue am Erzberg<br />

<strong>und</strong> in der Radmer; Magnesitbergbau in Wald am Schoberpass <strong>und</strong> Quarzbergbau<br />

in Krieglach; Röstöfen <strong>und</strong> Hochöfen in <strong>und</strong> um Eisenerz; das Hüttenwerk in Donawitz<br />

(Hochöfen, Stahlwerk, Grob- <strong>und</strong> Feinwalzwerk); eine Großwerkstätte für die<br />

Erzeugung von Fertigwaren in Zeltweg sowie ein Walzwerk in Aumühl-Kindberg. 429<br />

Innerbetriebliche Anpassungen an die Vereinigten Stahlwerke wurden in der<br />

Übernahme des Konzepts der „wissenschaftlichen Betriebsführung“ verwirklicht, die<br />

eine rigorose Überwachung <strong>und</strong> Entpolitisierung der Belegschaft im Sinne der Produktionsankurbelung<br />

des Gesamtkonzerns zum Ziel hatte. Das DINTA 430 -Konzept<br />

basierte auf der Annahme, dass nachhaltige Leistungssteigerung <strong>und</strong> Gewinnmaximierung<br />

am effizientesten durch die geistige <strong>und</strong> materielle Bindung des einzelnen<br />

Arbeiters an den Betrieb erzielt werden könne. Eine gründliche fachliche Schulung in<br />

einer der Werksschulen sollte dem jungen Arbeiter nicht nur das nötige Geschick vermitteln,<br />

sondern auch Arbeitsunfälle, neben Streiks eine der häufigsten Produktionsausfallsursachen<br />

am Arbeitsplatz, eindämmen. Doch nicht aus reiner Menschenliebe<br />

426 Gr<strong>und</strong>legend: Eduard G. Staudinger, „Unabhängige Gewerkschaft“ <strong>und</strong> Arbeiterschaft in der<br />

Obersteiermark 1927–1933. In: Geschichte <strong>und</strong> Gegenwart 1 (1985) 54–81.<br />

427 Dr. Apold über die österreichische Wirtschaftspolitik. Neue Freie Presse (26.5.1930) S. 2; Schleicher,<br />

Heisses Eisen, S. 15–20.<br />

428 Peter Berger, Ökonomische Macht <strong>und</strong> Politik. In: Tálos/Dachs, P.S. Ö., S. 402.<br />

429 August Zahlbruckner, Die technische Entwicklung. In: Die Österreichisch-Alpine Montangesellschaft<br />

1881–1931 (Wien 1931) S. 82–102.<br />

430 Hwaletz, Bergmann, S. 18–20: Das „Deutsche Institut für technische Arbeitsschulung“ wurde<br />

1925 mit dem Ziel gegründet, die „Menschen für die Wirtschaft“ zu erziehen. Das vorläufige Arbeitsprogramm<br />

zur „Durchführung von Menschenökonomie“ umfasste die Ausbildung von leitenden<br />

Angestellten <strong>und</strong> Vorarbeitern, die Einrichtung von Lehrwerkstätten <strong>und</strong> die Verbreitung<br />

von Propaganda in Wort <strong>und</strong> Schrift.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!