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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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ursprünglich die widerstrebenden Vertreter der radikalen revolutionären <strong>und</strong><br />

der gemäßigten reformerischen Richtung einigen, 196 gleichzeitig aber den Traum<br />

vom „gelobten Land“ einer freien klassenlosen Gesellschaft in ihren Anhängern<br />

wach halten sollte. Sozialdemokraten grüßten sich gegenseitig stets mit dem Wort<br />

„Fre<strong>und</strong>schaft“. Das von der Parteiführung offiziell propagierte Image der disziplinierten<br />

<strong>und</strong> vom Idealismus geleiteten Arbeitermassen fiel jedoch am 15. Juli 1927<br />

wie ein Kartenhaus in sich zusammen, als es weder den höchsten Parteiführern<br />

noch dem Schutzb<strong>und</strong> gelungen war, die Tumulte in Wien unter Kontrolle zu<br />

bringen. Die politischen Gegner sahen sich in ihren Befürchtungen bestätigt, die<br />

Sozialdemokratie züchte in Wahrheit revolutionäre Massen heran, um den Bauern<br />

<strong>und</strong> Bürgern Freiheit, Recht <strong>und</strong> Eigentum zu rauben. 197<br />

4.1.1 Die Landesorganisation Steiermark<br />

Die Landesorganisation der Sozialdemokratischen Partei in der Steiermark verfügte<br />

über zwölf Bezirksorganisationen, die sich teils nach politischen Bezirken, teils nach<br />

Gerichtsbezirken gliederten, sowie über 179 Lokalorganisationen. Das Landesparteisekretariat<br />

in Graz beherbergte die Landesbildungsstelle, die Landesstelle für<br />

sozialdemokratische Gemeindepolitik, die Landesjugendstelle, das Landessekretariat<br />

der freien Arbeitsbauern <strong>und</strong> das der Sozialistischen Arbeiterjugend. In der obersteirischen<br />

Industrieregion befanden sich Bezirkssekretariate in Bruck an der Mur,<br />

Eisenerz, Knittelfeld, Leoben <strong>und</strong> in Mürzzuschlag. In Fohnsdorf, Judenburg <strong>und</strong><br />

Kapfenberg gab es zusätzliche Lokalsekretariate. Neben den Orts- <strong>und</strong> Bezirksorganisationen<br />

zählten der Republikanische Schutzb<strong>und</strong>, die Genossenschaftsbewegung,<br />

die Frauenbewegung, die sozialistische Arbeiterjugend (Jugendliche von 14 bis 20<br />

Jahren) <strong>und</strong> der Verein „Freie Schule-Kinderfre<strong>und</strong>e“ (Kinder bis 14 Jahren) zu den<br />

Stützpunkten der Partei. Kleinere Vereine wie der Verband der freien Arbeitsbauern<br />

<strong>und</strong> der Verband der sozialdemokratischen Gewerbetreibenden <strong>und</strong> Kaufleute<br />

zeugen von einem Versuch, in arbeiterfernen Kreisen Fuß zu fassen. Im Jahr 1932<br />

erfolgte auch die Gründung der „Jungfront“, eine Zusammenfassung der jungen<br />

196 Bei diesem bereits vor dem Hainfelder Parteitag erzielten Kompromiss ging es um die Einbeziehung<br />

des allgemeinen <strong>und</strong> gleichen Wahlrechtes in das sozialdemokratische Programm, eine<br />

Forderung der Gemäßigten, die von den Radikalen, für die der Parlamentarismus eine Form der<br />

Klassenherrschaft war, stets abgelehnt worden war. Dementsprechend lautet die Formulierung der<br />

Prinzipienerklärung: Ohne sich über den Wert des Parlamentarismus, einer Form der modernen<br />

Klassenherrschaft, irgendwie zu täuschen, wird sie [die SDAP, Anm.] das allgemeine, gleiche <strong>und</strong><br />

direkte Wahlrecht für alle Vertretungskörper mit Diätenbezug anstreben, als eines der wichtigsten<br />

Mittel der Agitation <strong>und</strong> Organisation. In: Peter Schöffer, Der Wahlrechtskampf der Österreichischen<br />

Sozialdemokratie 1888/1889–1897. Vom Hainfelder Einigungsparteitag bis zur Wahlreform<br />

Badenis <strong>und</strong> zum Einzug der ersten Sozialdemokraten in den Reichsrat (= Studien zur modernen<br />

Geschichte 34, Stuttgart 1968) 77–80.<br />

197 Im Kommunistischen Manifest von Marx <strong>und</strong> Engels hieß es wörtlich: Was den Kommunismus<br />

auszeichnet, ist nicht die Abschaffung des Eigentums überhaupt, sondern die Abschaffung<br />

des bürgerlichen Eigentums. In: http://www.vulture-bookz.de/marx/archive/volltext/Marx-<br />

Engels_1848--90~Das_Kommunistische_Manifest.html, 18.12.2009.<br />

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