11.09.2012 Aufrufe

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

startet der Heimatschutz eine Offensive unter den Betriebsarbeitern der ÖAMG. Eine<br />

weitere Aufschaukelung findet 1928 in Wiener Neustadt wie auch 1929 in St. Lorenzen<br />

statt. Der Pfrimer-Putsch, der Freispruch der Täter sowie wiederholte Revolutionsdrohungen<br />

seitens Starhemberg lösen konkrete Abwehrmaßnahmen beim<br />

Schutzb<strong>und</strong> aus. Der bedeutsame Unterschied zwischen dem Heimatschutz <strong>und</strong><br />

der NSDAP ist nicht ideologischer, sondern gr<strong>und</strong>sätzlicher Natur: Die Bewegung<br />

Walter Pfrimers beruht auf dem Prinzip der „Überparteilichkeit“ <strong>und</strong> verwirft das<br />

parlamentarische System. Die Führung der „Volksbewegung“ will die ihr zugedachte<br />

Rolle als „Kettenh<strong>und</strong>“ des bürgerlichen Lagers nicht länger spielen, sondern droht<br />

ganz offen mit der Machtergreifung. Dieses Prinzip wird erneut in Korneuburg<br />

im Mai 1930 bekräftigt. Bald darauf wird der erste Tabubruch bei den Wahlen im<br />

November 1930 begangen. Als Walter Pfrimer im Mai 1932 das sinkende Schiff<br />

verlässt <strong>und</strong> die Geier über dem bankrotten Unternehmen Heimatschutz kreisen,<br />

ist die Fusion mit der NSDAP nur noch eine Frage der Zeit.<br />

6.2.4 NSDAP<br />

Seit dem Aufstieg Walter Oberhaidachers zum NS-Gauleiter der Steiermark im Jahr<br />

1928 agieren die Nazis mit wachsendem Erfolg. In wenigen Jahren gelingt es dem<br />

ehrgeizigen Südtiroler, die Mitgliederzahlen zu vervielfachen <strong>und</strong> die Organisation<br />

auf eine solide finanzielle Basis zu stellen. Mit dem Scheitern Pfrimers <strong>und</strong> dem<br />

Niedergang des Heimatschutzes geht es weiter steil aufwärts. Die NSDAP ist nicht<br />

nur die natürliche „Erbin“ der nationalen Heimatschutz-Gefolgschaft, sondern will<br />

Menschen aus allen politischen Lagern für Adolf Hitler, um den ein regelrechter<br />

Kult betrieben wird, gewinnen. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen viele vom nationalsozialistischen<br />

Gedankengut beseelten Männer <strong>und</strong> Frauen ihre ganze Kraft<br />

für die Bewegung ein. In der Folge kommt es zu einer Verschärfung in der Auseinandersetzung<br />

mit dem politischen Gegner <strong>und</strong> zu blutigen Zusammenstößen bei<br />

Versammlungen <strong>und</strong> Aufmärschen.<br />

6.3 Phasen der Radikalisierung<br />

Die Radikalisierung des politischen Klimas in der obersteirischen Industrieregion<br />

lässt sich in mehreren Phasen feststellen:<br />

In einer ersten Phase lebt der Kampf zwischen „Marxisten“ <strong>und</strong> „Antimarxisten“,<br />

vertreten durch den Heimatschutz, wieder auf. Vereinfacht gesagt handelt es sich<br />

primär um den Kampf zwischen Besitzenden <strong>und</strong> Nicht-Besitzenden um die politische<br />

Vorherrschaft. Es ist ein Ringen zwischen dem „linken“ Proletariat, welches den<br />

Anspruch erhebt, die Republik für eine künftige „klassenlose Gesellschaft“ erschaffen<br />

zu haben, <strong>und</strong> den Besitzenden im weitesten Sinn, die keinen „roten“ Staat wollen.<br />

Diese sind vornehmlich Industrielle, Großgr<strong>und</strong>besitzer, Bauern, liberal gesinnte<br />

Bürger, aber auch durch die Inflation verarmte Menschen, Katholiken <strong>und</strong>/oder<br />

283

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!