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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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waren offenbar keine Grenzen gesetzt. 547 Insbesondere nach dem Betätigungsverbot<br />

nahmen die nächtens von Geheimtrupps an öffentlichem Gut begangenen Schäden<br />

enorme Ausmaße an. Kaum ein Tag verging, an dem nicht irgendwo in der Steiermark<br />

Gleise gesprengt, Telefonleitungen abgezwickt oder Böller gezündet wurden.<br />

Aus platzökonomischen Gründen kann auf alle diese Erscheinungen <strong>und</strong> deren<br />

Folgen nicht im Detail eingegangen werden.<br />

4.5.5.1 Die Presse in der Steiermark<br />

Der medialen Verbreitung von Propaganda durch Presse, R<strong>und</strong>funk <strong>und</strong> Film<br />

wurde ein hoher Stellenwert beigemessen. Das offizielle nationalsozialistische<br />

Presseorgan der Steiermark, die „Sturmfahne“, erschien vom 6. Oktober 1923<br />

bis 5. Oktober 1926. 548 Das zweite Presseerzeugnis, „Der Kampf“, wurde vom<br />

Gauleiter Oberhaidacher vom 7. März 1931 bis 22. Juli 1933 549 herausgegeben.<br />

Die Berichterstattung befasste sich weniger mit tages- oder kulturpolitischen<br />

Ereignissen im herkömmlichen Sinn, sondern diente rein propagandistischen<br />

Zwecken. Der nationalsozialistischen Ideologie entsprechend basierte die politische<br />

Berichterstattung auf Schuldzuweisungen <strong>und</strong> Verschwörungstheorien. Eines<br />

der meist strapazierten Themen in den frühen 1920er Jahren war die vermeintliche<br />

Abhängigkeit der „Sieger <strong>und</strong> Besiegten des Weltkrieges“ von der „jüdischen Weltfinanz“.<br />

Als selbst ernannte „Rächer“ behaupteten die Nationalsozialisten, einen<br />

Kreuzzug gegen den „Bank- <strong>und</strong> Börsenwucher“ sowie die durch die „schrankenlose<br />

Herrschaft des Großkapitals“ verursachte „Zinsknechtschaft des deutschen<br />

Volkes“ zu führen. 550 Innenpolitisch richteten sich die medialen Angriffe gegen<br />

die vermeintliche Unfähigkeit <strong>und</strong> Verlogenheit der jeweiligen Regierungen, deren<br />

Anleihepolitik strikt abgelehnt wurde. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise<br />

wie die Verschuldung der Gemeinden, die hohe Arbeitslosigkeit sowie Hitlers<br />

Tausend-Mark-Sperre wurden ausschließlich der Politik der Regierung Dollfuß<br />

angelastet. Die Nationalsozialisten forderten daher den Rücktritt der Regierung<br />

<strong>und</strong> die Ausschreibung von Neuwahlen. Ihre Argumentation basierte auf dem<br />

Standpunkt, dass die Herrschaft der Regierung illegal sei. 551 Der außenpolitische<br />

547 Etwa die nächtliche Kuhbeschmierungsaktion einiger NS-Aktivisten, welche die Rinder „regierungstreuer“<br />

Besitzer in den Ställen wiederholt mit Hakenkreuzen verunzierten, entbehrt nicht<br />

einer gewissen Komik: StLA ZGS (BKA) K.85/12 (Fol.1638–1643).<br />

548 An alle Parteigenossen in der Steiermark! In: Die Sturmfahne (6.10.1923) S. 1: Nach dem Erscheinen<br />

der ersten Probenummer „Südwacht“ wurde der Name des offiziellen nationalsozialistischen<br />

Presseorgans der Steiermark „auf allgemeinen Wunsch hin“ in „Sturmfahne. Nationalsozialistisches<br />

Kampfblatt für Steiermark“ umgeändert <strong>und</strong> ab dem 28. März 1925 in „Deutsche Volks-<br />

Zeitung. Wochenblatt für Steiermarks ehrlich schaffende Stände“ unbenannt.<br />

549 StLA ZGS K.221: „Der Kampf“ (1931–1935): Am 15.7.1933 erschien die Zeitung mit einer den Pressenotverordnungen<br />

angepasster Berichterstattung unter dem Namen „Der Kampf. Deutsche Wochenzeitung<br />

für Steiermark, Südburgenland <strong>und</strong> Lungau“. In den Jahren 1934 <strong>und</strong> 1935 wurde sie<br />

im verkleinerten Format (etwa F5) herausgegeben.<br />

550 Zinsknechtschaft. In: Die Sturmfahne (8.12.1923) S. 1.<br />

551 StLA ZGS (BKA) K.81/8 (Fol.148–149) „Der Fremdenverkehr in Gefahr“.

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