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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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sowie vor einem Streik angesichts der hohen Arbeitslosigkeit zurück. 120 Ende März<br />

wurde der bewaffnete Arm der Sozialdemokratie, der Republikanische Schutzb<strong>und</strong>,<br />

von der Regierung aufgelöst. Im Mai bildete Dollfuß seine Regierung im Sinne einer<br />

Verstärkung des autoritären Charakters um; wenige Tage später wurde die Vaterländische<br />

Front, eine Sammelbewegung für „alle Parteiformationen, alle Verbände<br />

<strong>und</strong> Vereine, die dem Vaterland dienen wollen“, proklamiert. 121 Es folgte das Verbot<br />

der KPÖ am 26. Mai <strong>und</strong>, nach einer Reihe von blutigen Sprengstoffanschlägen, der<br />

NSDAP <strong>und</strong> des mit ihr verbündeten Steirischen Heimatschutzes am 19. Juni 1933.<br />

All diese Bewegungen wurden in die Illegalität verbannt, wo sie eine ziemlich<br />

rege Tätigkeit entfalteten. Die NSDAP erhielt personelle Verbindungen durch ein<br />

unsichtbares Netzwerk, aber auch durch deutschnationale Vereine aufrecht; der<br />

Schutzb<strong>und</strong> existierte unter einem anderen Namen im Untergr<strong>und</strong> weiter. In ihrem<br />

„Zweifrontenkrieg“ hatte die Regierung Dollfuß zwar alles in ihrer Macht Stehende<br />

getan, die oppositionellen Bewegungen auszulöschen <strong>und</strong> illegale Aktivitäten durch<br />

drakonische Maßnahmen wie die Errichtung von Anhaltelagern <strong>und</strong> die Wiedereinführung<br />

der Todesstrafe im Standgerichtsverfahren im November 1933 im Keim zu<br />

ersticken, doch gelang es ihr letztendlich weder Terror <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong> einzudämmen<br />

noch deren Untergr<strong>und</strong>aktivitäten zu stoppen. Die von Otto Bauer im Herbst 1933<br />

gemachten Zugeständnisse zugunsten eines unter bestimmten Voraussetzungen<br />

zu akzeptierenden Ständestaates kamen zu spät. Der Mann, der das Linzer Programm<br />

der Sozialdemokratie einst entworfen hatte, konnte sich letzten Endes nicht<br />

entschließen, jene radikalen Phrasen in die Tat umzusetzen. Dadurch brachte er<br />

die innerparteiliche Opposition gegen sich auf, die darauf drängte, endlich offensiv<br />

gegen die Regierung vorzugehen. Dieser Konflikt kam Dollfuß entgegen, der hoffte,<br />

die SDAP durch seine unnachgiebige Haltung „auszuhungern“ <strong>und</strong> deren Spaltung<br />

herbeizuführen. 122<br />

2.6 Das Krisenjahr 1934<br />

Die zwei Revolten des Jahres 1934, der so genannte Aufstand des Republikanischen<br />

Schutzb<strong>und</strong>es im Februar <strong>und</strong> der Juliputsch der Nationalsozialisten, sind<br />

Gegenstand vieler eingehender Publikationen <strong>und</strong> Dokumentationen, die bis in die<br />

Gegenwart für Diskussionsstoff sorgen. 123 Insbesondere wird des Februars 1934 im<br />

Andenken an die Opfer der Kampfhandlungen <strong>und</strong> der vollstreckten Todesurteile<br />

nach wie vor in verschiedenen Ausstellungen <strong>und</strong> Jubiläumsfeiern gedacht.<br />

120 Everhard Holtmann, Sozialdemokratische Defensivpolitik vor dem 12. Februar 1934. In: Jedlicka/<br />

Neck, Justizpalast, S. 115.<br />

121 Hinein in die vaterländische Front! In: Wiener Zeitung (21.5.1933) S. 3.<br />

122 Anson Rabinbach, Vom Roten Wien zum Bürgerkrieg (Wien 1989), Kurzzitat: Rabinbach, Bürgerkrieg,<br />

S. 133–138.<br />

123 Heimo Halbrainer, Martin F. Polaschek (Hrsg.), Aufstand, Putsch <strong>und</strong> Diktatur. Das Jahr 1934<br />

in der Steiermark. Tagung am 18. Mai 2004 im Steiermärkischen Landesarchiv, Graz (=Styriaca 6,<br />

Graz 2007).<br />

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