11.09.2012 Aufrufe

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

6.4 Zur Pathologie der Radikalisierung<br />

Der öffentliche Raum wird als politische Arena wahrgenommen, in dem es zum<br />

regelmäßigen Schlagabtausch zwischen rivalisierenden Bewegungen <strong>und</strong> Weltanschauungen<br />

kommen muss. Es gilt jedoch nicht allein, die Straßen <strong>und</strong> Plätze in diesem<br />

brisanten Umfeld zu erobern, sondern auch die jeweiligen als eigenes „Revier“<br />

deklarierten Bereiche zu verteidigen. Zu diesen zählen sowohl private Einrichtungen<br />

einer jeweiligen politischen Partei/Bewegung <strong>und</strong> der von ihr gegründeten oder<br />

nahestehenden Vereine, als auch öffentliche Einrichtungen wie Schulen <strong>und</strong> Heime,<br />

die von einer politischen Partei in der von ihr mehrheitlich regierten Ortsgemeinde<br />

als „geistiges Eigentum“ betrachtet werden. An diesen Orten wähnen sich die jeweiligen<br />

Parteianhänger <strong>und</strong> -anhängerinnen auf eigenem Territorium, hier werden<br />

oftmals Versammlungen abgehalten, Pläne geschmiedet <strong>und</strong> Waffen aufbewahrt.<br />

Selbst Gast- <strong>und</strong> Kaffeehäuser mutieren zu Politburgen verschiedenster Couleurs.<br />

Wer diese festgesetzten Grenzen überschreitet, provoziert einen Zusammenstoß.<br />

Zwei relevante Beispiele wären das Sägewerk der städtischen Wirtschaftsbetriebe<br />

in Bruck an der Mur, von wo aus der Schutzb<strong>und</strong> mobilisiert wurde, sowie die<br />

Lohnzentrale der ÖAMG in Donawitz, wo die Waffen des Heimatschutzes gelagert<br />

wurden. In diesem ideologisch <strong>und</strong> emotionell besetzten Lebensraum ist es kein<br />

W<strong>und</strong>er, dass der soziale <strong>und</strong> politische Friede nicht einkehren will. Bekanntlich<br />

können Rezeption <strong>und</strong> Internalisierung bestimmter politischer Inhalte sowohl<br />

durch verschiedene unmittelbar begreifbare Handlungen <strong>und</strong> Ereignisse erfolgen<br />

als auch von subtileren Momenten abhängen, wie beispielsweise der suggestiven<br />

Wirkung propagandistischer Botschaften oder der schleichenden Indoktrinierung<br />

auf dem Arbeitsplatz. Die folgenden Faktoren spielen bei der sukzessiven Radikalisierung<br />

des politischen Klimas in der obersteirischen Industrieregion eine entscheidende<br />

Rolle:<br />

Offene Agitation<br />

Hetzreden <strong>und</strong> Parolen bei Versammlungen <strong>und</strong> Aufmärschen<br />

Polemische Pressemeldungen<br />

Störaktionen <strong>und</strong> Konfrontationen bei gegnerischen Veranstaltungen<br />

Geheime Agitation<br />

Entstehung <strong>und</strong> Entwicklung von subversiven Netzwerken<br />

Verbreitung von Hassbotschaften durch Streuzettel <strong>und</strong> Pamphlete<br />

Drohbriefe an einzelne Gendarmeriebeamte <strong>und</strong> -posten sowie Regimetreue<br />

Anschläge mit Sprengstoff, Knallkörpern, Stinkphiolen<br />

285

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!