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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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3.2.3 Politische Entwicklungen in der<br />

obersteirischen Industrieregion<br />

Die obersteirische Industrieregion ist, bedingt durch die von der Sozialdemokratie<br />

dominierte Arbeiterbewegung, traditionell sozialdemokratisch geprägt. In der Ersten<br />

Republik existierte neben dem „marxistischen“ Lager (SDAPÖ <strong>und</strong> KPÖ) ein<br />

starkes „antimarxistisches“ Lager, bestehend aus Christlichsozialen/Katholischkonservativen<br />

<strong>und</strong> Deutschnationalen, die bei Gemeinderatswahlen oft vereint als<br />

„Wirtschaftspartei“ oder „Gemeindepartei“ auftraten. Obwohl die NSDAP, die als<br />

„deutsche National-Sozialisten“ bereits 1919 bei Regionalwahlen kandidierte, 174 die<br />

„Marxisten“ in schärfster Form bekämpfte, ließ sie sich nicht auf eine Wahlgemeinschaft<br />

mit den anderen antimarxistischen Parteien ein. In überwiegend agrarischen<br />

Gegenden konnten die Bauernvertretungen der katholisch-konservativen sowie der<br />

freiheitlich-nationalen Richtung die meisten Anhänger für ihre jeweiligen politischen<br />

Parteien mobilisieren [CSP beziehungsweise Landb<strong>und</strong>, Anm.], während die<br />

städtischen Zentren mehrheitlich „rot“ waren (siehe Tabelle 2).<br />

Nach 1945 setzte sich dieses politische Konstellationsmuster bis etwa 2006 weitgehend<br />

fort: In den traditionellen Arbeiterhochburgen der obersteirischen Industrieregion<br />

erreichte die SPÖ nach wie vor relativ stabile Mehrheiten, während die<br />

Wähleranteile der freiheitlichen Parteien des rechten Spektrums (FPÖ, BZÖ), <strong>und</strong>,<br />

hauptsächlich in agrarischen Gegenden, der ÖVP zwischen 1999 <strong>und</strong> 2006 stark<br />

schwankten (siehe Auswertung, Tabelle 3). Eine deutliche Parallele ist bei den Nationalratswahlen<br />

von 1930 <strong>und</strong> 1999 zu erkennen, als die CSP/ÖVP massive Stimmenverluste<br />

zugunsten des Heimatblocks/der FPÖ erlitt. Die Grünen konnten in<br />

urbanen Wahlsprengeln einen Wähleranteil von r<strong>und</strong> 4 bis 7 Prozent erreichen;<br />

die höchsten Stimmengewinne der KPÖ lagen zwischen 1 <strong>und</strong> 3 Prozent. Bei den<br />

Nationalratswahlen 2008 setzte sich der Trend nach rechts fort: Die FPÖ <strong>und</strong> das<br />

BZÖ konnten ihren Stimmenanteil nicht nur in der Region, sondern steiermarkweit<br />

von r<strong>und</strong> 13 auf 30 Prozent stark vergrößern.<br />

Zahl der gültigen<br />

Stimmen in der<br />

Gemeinde<br />

Leoben<br />

24.4.1927<br />

9.11.1930<br />

Donawitz<br />

24.4.1927<br />

9.11.1930<br />

6300<br />

6794<br />

9311<br />

9542<br />

SDAPÖ CSP<br />

(1927 als<br />

Einheitsliste<br />

CSP, GDV<br />

u.a.)<br />

47,68<br />

42,94<br />

72,41<br />

55,25<br />

39,41<br />

13,26<br />

18,11<br />

6,63<br />

GDV;<br />

Landb<strong>und</strong><br />

(1930 als<br />

„Schoberblock“)<br />

2,76<br />

2,18<br />

Heimatblock<br />

1930<br />

NSDAP<br />

(Hitler-<br />

Bewegung)<br />

5,72 26,61 10,61<br />

2,66 29,06 4,73<br />

174 Die National-Sozialisten <strong>und</strong> die Gemeindewahlen. In: Obersteirische Volkszeitung (16.7.1919)<br />

S. 5.<br />

1,03<br />

3,59<br />

KPÖ<br />

0,70<br />

1,37<br />

65

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