Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt
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„christlichfaschistische“ Regierung auf. 248 In einem Interview bestätigte der Leobener<br />
Sozialdemokrat <strong>und</strong> damalige Schutzbündler, Fritz Inkret, den Bef<strong>und</strong> der Behörden:<br />
Wir waren ja dann die „Revolutionären Sozialisten“. Aus Brünn haben wir die<br />
„Arbeiter Zeitung“ hereingeschmuggelt bekommen <strong>und</strong> die haben wir dann in<br />
Leoben vertrieben. (…) Außerdem haben wir uns regelmäßig im Gasthof „Töllerlhammer“<br />
getroffen <strong>und</strong> Sitzungen abgehalten. (…) wir haben dann auch<br />
immer ein paar Packerln Karten dabei gehabt <strong>und</strong> wenn wer gekommen ist,<br />
dann haben wir schnell Karten gespielt. (…).<br />
Einige jener „verbitterten“ Donawitzer Schutzbündler, erzählte Inkret, hätten<br />
dann auch beim „Juli-Putsch“ der Nazis mitgemacht: Uns Sozialdemokraten<br />
hat der Dollfuß jedenfalls nicht leid getan. 249<br />
4.2 Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ)<br />
Die Kommunistische Partei Deutsch-Österreichs wurde am 3. November 1918 als<br />
eine der ersten kommunistischen Parteien außerhalb Russlands in Wien-Favoriten<br />
gegründet. Anfänglich bestand sie aus einigen Dutzend Oppositionellen, die sich von<br />
der sozialdemokratischen Bewegung abgespalten hatten. Aufgr<strong>und</strong> der Uneinigkeit<br />
ihrer Führungsriege stand die junge Partei von Anfang an auf schwachen Beinen<br />
<strong>und</strong> schloss sich 1919 der Kommunistischen Internationalen an. Dieser Schritt führte<br />
einerseits zu einer Aufwertung ihrer parteipolitischen Bedeutung, andererseits zu<br />
einer ideologischen „Fernlenkung“ der Partei. Die Parteiführung verstrickte sich in<br />
Fraktionskämpfen <strong>und</strong> Meinungsverschiedenheiten bei wichtigen Themen wie der<br />
Wahlbeteiligung, der Anschlussfrage <strong>und</strong> der Errichtung einer Räterepublik. Nach<br />
dem revolutionären Aufschwung der KPÖ im Jahr 1919 – im Juni desselben Jahres<br />
erreichte ihre Mitgliederzahl die 40.000-Marke – verebbte der Zulauf rasch. Von 1922<br />
bis 1933 hielten der Partei nur noch etwa 5000 Mitglieder die Treue, davon r<strong>und</strong><br />
10 Prozent Frauen. Die SDAP entpuppte sich als Auffangbecken für die Abtrünnigen:<br />
Während die im In- <strong>und</strong> Ausland aufgeflackerten revolutionären Bewegungen<br />
blutig niedergeschlagen wurden, nutzten die österreichischen Sozialdemokraten<br />
die Gunst der St<strong>und</strong>e, um bei den bürgerlichen Koalitionspartnern Sozialreformen<br />
durchzusetzen. Erst als die KPÖ 1924 auf eine moskautreue Linie eingeschworen<br />
<strong>und</strong> gewissermaßen zum Befehlsempfänger der KPdSU wurde, kam es zu einer<br />
„Beruhigung“ der inneren Kämpfe. 250 Laut dem 1927 angenommenen Organisati-<br />
248 StLA ZGS (BKA) K.86/13 II (Fol.79–89; 91–97; 107; 110–118;122–129): Bericht des LGK über die<br />
Tätigkeit der soz.dem.Partei März–Juli 1934; ZGS (BKA) K: 90/17 (Fol.15–25): Strafsache Machold<br />
<strong>und</strong> Genossen.<br />
249 Thomas Leitner, Die Ära Dollfuß in Leoben (Fachbereichsarbeit aus Geschichte <strong>und</strong> Sozialk<strong>und</strong>e<br />
am BG/BRG Leoben I, 2004) S. 28,36.<br />
250 Josef Ehmer, Die Kommunistische Partei Österreichs. In: Emmerich Tálos, Herbert Dachs u.a.<br />
(Hrsg.), Handbuch des politischen Systems Österreichs. Erste Republik 1918–1933 (Wien 1995),<br />
Kurzzitat: Ehmer, KPÖ, S. 220.