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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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4.2.3 Radikalisierung <strong>und</strong> Verbot<br />

Am Sonntag den 6. März 1932 planten die Kommunisten einen „Großkampftag“<br />

in Graz sowie in den größeren Industrieorten der Ober- <strong>und</strong> Weststeiermark zu<br />

veranstalten; im Mittelpunkt der K<strong>und</strong>gebung standen die von der KPÖ gestellten<br />

Forderungen zur Verbesserung der nationalen <strong>und</strong> internationalen Situation der<br />

Arbeiterschaft. Für das gesamte Wochenende hatte die Behörde eine Verstärkung<br />

der Exekutivkräfte wohlweislich angeordnet, obwohl sämtliche Veranstaltungen<br />

„unter freiem Himmel“ aus Gründen des „öffentlichen Wohles“ im Vorfeld<br />

untersagt worden waren. In Judenburg <strong>und</strong> Knittelfeld etwa war es trotz Verbotes<br />

zu Aufläufen <strong>und</strong> Scharmützeln zwischen Kommunisten <strong>und</strong> Nationalsozialisten<br />

gekommen, die glücklicherweise glimpflich verliefen. Auch in Bruck an der<br />

Mur sollte es heiß hergehen. Am Morgen des 6. März marschierten die örtlichen<br />

Kommunisten unter ihrem Führer Franz Pangerl zum Brucker Hauptplatz, wo<br />

Pangerl lautstark einen „Hungermarsch“ ankündigte <strong>und</strong> die dort Anwesenden<br />

aufforderte, sich der Demonstration anzuschließen. Als sich die Menge, laut Gendarmeriebericht<br />

auf etwa 300 Personen angewachsen, johlend <strong>und</strong> schreiend in<br />

Bewegung setzte, schwärmten die vor dem Kornmesserhaus wartenden Gendarmeriebeamten<br />

aus, um eine Straßensperre zu errichten. Auf dem Minoritenplatz<br />

angekommen, entstand zwischen den Kommunisten <strong>und</strong> den dort in Bereitschaft<br />

stehenden Heimatschützern ein wüstes Handgemenge, das mit der Verhaftung<br />

einiger Kommunisten endete, darunter auch Pangerl, der wegen Übertretung des<br />

Versammlungsverbotes angezeigt wurde. 291 Schon im April befand sich Franz Pangerl<br />

wieder auf freiem Fuß <strong>und</strong> schwang erneut radikale Reden, rief zur gewaltsamen<br />

Beseitigung des „Systems“ <strong>und</strong> zum gezielten Vorgehen gegen einzelne<br />

Exekutivbeamte auf. Gepredigt wurde der Kampf gegen den politischen Gegner<br />

ohne Rücksicht auf Verluste: Blut sollte für das Heil Moskaus fließen, Kerkerhaft<br />

im Namen der Gerechtigkeit verbüßt werden. 292<br />

Ein weiteres Betätigungsfeld der Kommunisten war die Arbeitslosenszene. Im<br />

Krisenjahr 1932 war die wirtschaftliche Not der Arbeiterschaft durch Massenentlassungen<br />

<strong>und</strong> die fortschreitende Verarmung der Industriegemeinden zusätzlich<br />

verschärft worden. Die Kommunisten des Bezirkes versuchten die Unzufriedenheit<br />

der Arbeitslosen mittels radikaler Parolen zu schüren, hatten trotz behördlichen<br />

Verbotes wiederholt Demonstrationen abgehalten <strong>und</strong> Krawalle angezettelt; die<br />

Führer der KPÖ gaben sich die allergrößte Mühe, ihre Anhängerschaft auf Kosten<br />

der Sozialisten zu erweitern. Die Behörde sprach von fortgesetzten Hetzereien der<br />

Kommunisten, besonders in Leoben, das als Zentrale der KPÖ in der Obersteiermark<br />

galt. 293<br />

Im Verlauf des Jahres 1932 war es zu einer Reihe von Betriebsstilllegungen in<br />

Donawitz, Fohnsdorf <strong>und</strong> am Erzberg gekommen, die ein weiteres Anwachsen der<br />

291 StLA ZGS (BKA) K.78/5 (Fol.460–465): GPK Bruck Nr.1758 „Kommunistendemonstration“<br />

6.3.1932.<br />

292 StLA ZGS (BKA) K.78/5 (Fol.720–728): LGK E.Nr.11.700/1932adj. 18.5.1932.<br />

293 StLA L.Reg. K.678: Gr.384 (GPK E.Nr.3751, 19.5.1932).<br />

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