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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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hätte. Obwohl die Politik des Heimatblocks den Ärger der industriellen Geldgeber<br />

erregt hatte, kam ein „Abdrehen des Geldhahnes“ 1931 (noch) nicht in Frage. Hierzu<br />

gibt es konkrete Hinweise im Schriftverkehr zwischen der steirischen Sektion des<br />

Hauptverbandes der Industrie Österreichs <strong>und</strong> der obersten Leitung der ÖAMG in<br />

Wien. 105 Ferner hoffte Pfrimer, durch die Realisierung des lang gehegten Putschplanes<br />

die Heimatschutzbewegung aus ihrem lethargischen Zustand zu befreien. 106<br />

2.4 Der „Pfrimer-Putsch“<br />

Über den fehlgeschlagenen Putsch, der in der Nacht vom 12. zum 13. September<br />

1931 eingeleitet wurde, gibt es mehrere zum Teil voneinander abweichende Berichte,<br />

am ausführlichsten wird er bei Hofmann <strong>und</strong> Pauley behandelt. 107 Außerhalb der<br />

Steiermark <strong>und</strong> eines Teiles von Oberösterreich kam er jedoch nicht zum Ausbruch,<br />

hauptsächlich deshalb, weil die anderen Landesführer nicht bereit waren,<br />

Pfrimer Gefolgschaft zu leisten. Die politischen Hintergründe liegen noch im Dunkeln;<br />

sowohl Machenschaften der Nazis, deren möglicher Mittelsmann Graf Karl<br />

Othmar Lamberg maßgeblich involviert war, als auch von anderer Seite („dunkle<br />

Kräfte“) kommen in Frage. Die Motivation verschiedener Interessengruppen kann<br />

nur vermutet werden. Lamberg, der Berater Pfrimers, aber auch Landeshauptmann<br />

Rintelen spielten in dieser Verschwörung dubiose Rollen. Von dem Scheitern des<br />

Putsches <strong>und</strong> der Desavouierung des Heimatschutzes scheinen jedoch hauptsächlich<br />

die Nationalsozialisten profitiert zu haben, war der Putsch doch in erster Linie<br />

gegen die christlichsoziale Regierung Buresch, die einen Arbeitskonsens mit den<br />

Sozialdemokraten gef<strong>und</strong>en hatte, gerichtet.<br />

In den ersten Wochen nach dem Zusammenbruch des Putsches wurden zahlreiche<br />

Heimatschutzführer verhaftet <strong>und</strong> die Beamten <strong>und</strong> Lehrer, die mitgemacht hatten,<br />

vom Dienst suspendiert. Dies brachte die Bevölkerung ganzer Ortschaften auf;<br />

die Behörden wurden mit Petitionen um die Freilassung ihrer Mitbürger regelrecht<br />

überhäuft. 108 Pfrimer, der über die Staatsgrenze nach Jugoslawien in seine Geburtsstadt<br />

Marburg an der Drau (Maribor) entflohen war <strong>und</strong> später in München Zuflucht<br />

fand, wurde in einem Aufsehen erregenden Prozess im Dezember 1931 mitsamt<br />

den anderen Rädelsführern freigesprochen. 109 Nach den blutigen Revolten vom 15.<br />

105 ÖStA AdR Ktn.4871 BKA Inneres 22/gen 1932 (GZ.221.233 GD.1/31), Gegenstand: Dr. Paul Weitzer,<br />

Geschäftsführer des Verbandes der Obersteirischen Eisen- <strong>und</strong> Stahlwerke; Rückstellung von<br />

beschlagnahmten Schriftstücken. In dieser Korrespondenz werden den Führern des Steir. Heimatschutzes,<br />

Pfrimer <strong>und</strong> Rauter, aber auch Starhemberg, schwere Vorwürfe bezüglich deren Handhabung<br />

bzw. Beeinflussung des Heimatblockes gemacht. Diese hätten die Absicht, den Heimatblock<br />

vom legalen Kurs abzubringen <strong>und</strong> in die politische Isolierung führen zu wollen.<br />

106 Sten. Prot. der 47. Sitzung des Nationalrates (1.10.1931). In: Sten. Prot. über die Sitzungen des Nationalrates<br />

(IV. Gesetzgebungsperiode) der Republik Österreich 1931 bis 1932 II. Bd. (Wien 1932)<br />

S. 1222–1223.<br />

107 Pauley, Hahnenschwanz; Hofmann, Pfrimer-Putsch.<br />

108 ÖHJ 1933, S. 85–86.<br />

109 Pauley, Hahnenschwanz, S. 112–126.<br />

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