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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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des militärischen Unternehmens überzeugt gewesen sein. 805 Vor dem Nationalrat<br />

sagte Innenminister Winkler aus, es seien bereits Wochen vor dem Putsch vom 13.<br />

September Gerüchte im Umlauf gewesen, die sich bei einer B<strong>und</strong>esführersitzung der<br />

Heimwehr am 4. September 1931 im Leobener Hotel Gärner konkretisierten. Walter<br />

Pfrimer soll die warnenden Stimmen, die sich aus den eigenen Reihen erhoben, in den<br />

Wind geschlagen haben. Seine größte Sorge soll der Verhinderung einer möglichen<br />

rot-schwarzen Koalition gegolten haben, die das Ende der Heimwehr-Herrlichkeit<br />

bedeutet hätte. Zudem vermeinte der B<strong>und</strong>esführer, den richtigen Zeitpunkt für<br />

einen Putsch gewählt zu haben. Immerhin zeigte das von ihm initiierte Volksbegehren,<br />

das r<strong>und</strong> 620.000 Unterschriften erhielt, deutlich auf, dass viele Menschen<br />

mit der aktuellen Bankensanierung, die den Staatshaushalt schwer belastete, nicht<br />

einverstanden waren. Winkler vermutete, Pfrimer sei unter dem „verhängnisvollen<br />

Einfluss“ seines Generaladjutanten Karl Othmar Lamberg gestanden, der auf die<br />

Durchführung des Putsches drängte. 806 In einem späteren Interview hat Pfrimer<br />

erklärt, die „schlechte wirtschaftliche Lage“ Österreichs im Herbst 1931 habe ihn<br />

veranlasst, den Putschplan in die Tat umzusetzen. Bei der oben erwähnten Führersitzung<br />

in Leoben, behauptete Pfrimer, sei es zu einem einstimmigen Beschluss<br />

gekommen, dass ein Aufmarsch erfolgen soll, um die Regierung <strong>und</strong> das Parlament zu<br />

zwingen, entsprechende wirtschaftliche Maßnahmen zu ergreifen <strong>und</strong> dem Elend ein<br />

Ende zu machen. Der Zeitpunkt des Marsches sei allerdings ihm, dem B<strong>und</strong>esführer,<br />

überlassen worden. 807 Laut den Aufzeichnungen des damaligen Innenministers<br />

Franz Winkler hatte Pfrimer die Einmütigkeit der Teilnehmer, auch Starhembergs,<br />

in der gr<strong>und</strong>sätzlichen Frage der <strong>Gewalt</strong>lösung als Auftrag aufgefasst, eigenmächtige<br />

Entscheidungen hinsichtlich eines Staatsstreiches zu treffen. 808 In seinen Memoiren<br />

behauptete Starhemberg hingegen, er habe sich neben einigen anderen Führern<br />

ganz entschieden gegen die Durchführung eines Putsches ausgesprochen. Unter vier<br />

Augen habe ihm Pfrimer anschließend sein Wort gegeben, nichts ohne Starhembergs<br />

Einverständnis zu unternehmen. 809 Auch der B<strong>und</strong>eswehrführer der Heimwehr Ludwig<br />

Hülgerth sagte aus, er habe sich vehement gegen einen Staatstreich gestellt <strong>und</strong><br />

auch sämtliche anderen Führer hätten erklärt, bei einer Aktion gegen die staatliche<br />

805 Das „Muß“ der Machtergreifung. Beide B<strong>und</strong>esführer sprechen in Wien. In: Der Panther (7.6.1930)<br />

S. 5: Pfrimer wird wie folgt zitiert: Wir haben dort [in Korneuburg, Anm.] erklärt, daß wir die<br />

Macht in diesem Staate ergreifen wollen, ich glaube aber, man muß sagen, nicht wir wollen, sondern<br />

wir müssen die Macht in diesem Staate ergreifen, weil sonst der Bolschewismus oder der westliche<br />

Kapitalismus (…) unseren Staat <strong>und</strong> unser Volk in ihre <strong>Gewalt</strong> bekommen würden. (…) Die Entscheidung,<br />

die fallen wird, ist nicht nur für unser Vaterland, sondern für das ganze Abendland<br />

von ausschlaggebender Bedeutung: entweder Untergang oder neuer Aufstieg. [Fettdruck im Original,<br />

Anm.].<br />

806 Von langer Hand vorbereitet. In: Arbeiterwille (2.10.1931) S. 7; Sten. Prot. der 47. Sitzung (1. Oktober<br />

1931). In: Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Nationalrates der Republik Österreich<br />

(IV. Gesetzgebungsperiode) 1931 bis 1932 II. Band (Wien 1932), 1209–1241.<br />

807 Der müde Diktator. Radiofeature von Martin Betz. Ö1, Ausstrahlung v. 20. 11. 2004, 9.05 Uhr<br />

(„Hörbilder“).<br />

808 Winkler, Diktatur, S. 35–36.<br />

809 Ernst Rüdiger Starhemberg, Memoiren – mit einer Einleitung von Heinrich Drimmel (Wien/München<br />

1971) S. 104–106.<br />

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