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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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Eine wahre Groteske bot die steirische Heimatblockfraktion im April 1933, als sie<br />

eine dringliche Anfrage an Landeshauptmann Rintelen stellte, sich für „die sofortige<br />

Verhinderung der Judeninvasion nach Österreich“ bei der B<strong>und</strong>esregierung einzusetzen.<br />

Durch die überproportionale Einbürgerung von Juden, wetterte Meyszner, habe<br />

der Wiener Bürgermeister Seitz zu einer Vermehrung des „rassenfremden“ Elements<br />

in Österreich beigetragen, das außerdem der „bodenständigen“ Bevölkerung Wiens<br />

die Schulen <strong>und</strong> Arbeitsplätze bald streitig machen werde. Meyszner prangerte die<br />

jüdischen Führer der Sozialdemokraten an, jene „geistigen Kapazitäten, die unser<br />

Volk verseuchen“, mit der Aufforderung dem Zuzug „dieser Asiaten“ endlich einen<br />

Riegel vorzuschieben. In seiner Gegenrede stellte der Sozialdemokrat Gföller klar,<br />

wenn man sich schon in solcherart „kulturlose Komödien“ einließe, dann müsste<br />

auch auf jene jüdischen Geldgeber hingewiesen werden – er nannte den italienischen<br />

Finanzminister Guido Jung sowie den österreichischen Waffenfabrikanten Mandl<br />

– die bei der Finanzierung der Heimwehrbewegung stets eine große Rolle gespielt<br />

hätten. Der Antrag wurde trotz aller Einwände der Sozialdemokraten mit der erforderlichen<br />

Mehrheit schließlich angenommen. 457 Nach dem Verbot des Steirischen<br />

Heimatschutzes am 19. Juni 1933 wurden die Mandate des Heimatblocks durch<br />

eine Zweidrittelmehrheit des Landtages am 30. Juli 1933 ruhend gestellt. 458 In einer<br />

dem Beschluss vorangegangenen Debatte wurde über den Heimatblock der Stab<br />

gebrochen: Ihm wurde die „Kampfgemeinschaft“ mit der NSDAP von allen anderen<br />

Landtagsparteien zur Last gelegt. Rückblickend fasste der Landbündler Hartleb das<br />

politische Wirken des Heimatblockes so zusammen:<br />

Der Heimatblock hat im Jahre 1930 kandidiert als eine bürgerliche Partei, als<br />

eine radikale bürgerliche Partei. Wir alle anderen bürgerlichen Führer waren<br />

ihnen viel zu wenig radikal.(…) Nach den Wahlen (sind) die Mitglieder des<br />

Heimatblocks in diesen Saal einmarschiert, mit dem Hut auf dem Kopfe <strong>und</strong><br />

mit grobgenagelten Schuhen (…), wie Kondottieri, um zu zeigen: von nun an<br />

wird nicht das Recht, sondern die <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> die Fäuste in diesem Saale regieren.<br />

(…) Und geradeso, wie sie damals mit den aufgestellten Hahnenschwänzen<br />

stolz hereinmarschiert sind, so werden sie heute mit hängenden Köpfen den Saal<br />

verlassen. 459<br />

4.5 Die Nationalsozialistische Deutsche<br />

Arbeiterpartei (NSDAP)<br />

Mit Rücksicht auf die bereits vorhandene Literatur zu den Ursprüngen <strong>und</strong> der<br />

Entwicklung des Nationalsozialismus kann weitgehend auf eine detaillierte Aufarbeitung<br />

der diversen nationalsozialistischen Parteien in Österreich-Ungarn <strong>und</strong> in<br />

457 StLA Sten.Ber. Stmk.Landtag 1931–1934, 1–65 (43. Sitzung 7.4.1933) S. 769–773.<br />

458 StLA Sten.Ber. Stmk.Landtag 1931–1934, 1–65 (50. Sitzung 29./30.7.1933) S. 874.<br />

459 StLA Sten.Ber. Stmk.Landtag 1931–1934, 1–65 (50. Sitzung 29./30.7.1933) S. 846.<br />

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