Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt
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Donawitz, des Ursprungs der katholischen Arbeiterbewegung. 350 Zwei Jahre später<br />
konnte Leskovar hohen Besuch in Donawitz begrüßen. Anlässlich des Landesverbandstages<br />
der katholischen Arbeitervereine der Steiermark am 5. Mai 1929 besuchte<br />
der Begründer des Christlichsozialen Vereins in Wien, Leopold Kunschak, die vom<br />
Donawitzer Arbeiterverein veranstaltete Festversammlung. Kunschak sprach über<br />
die Bedeutung der Demokratie <strong>und</strong> von den „Diktaturgelüsten“ der Sozialdemokraten<br />
<strong>und</strong> der Heimwehr. „Aufmarschieren <strong>und</strong> alles zusammenschlagen ist keine<br />
Aufbauarbeit“, erklärte Kunschak, der vor den Gefahren eines Bürgerkrieges <strong>und</strong><br />
der drohenden Aufteilung Österreichs unter den ausländischen Mächten warnte. 351<br />
4.3.5.5 Die christlichen Gewerkschaften in der Obersteiermark<br />
Die Ergebnisse der Arbeiterbetriebsratswahlen einiger Betriebe der ÖAMG zeigen,<br />
dass sich die Christliche Gewerkschaft lediglich auf eine kleine Schar von christlichsozial<br />
gesinnten Arbeitern stützte. In der Donawitzer Hütte beispielsweise<br />
schrumpfte die christlichsoziale Wählerschaft zwischen 1926 <strong>und</strong> 1930 von 400 auf<br />
174, während die Zahl der sozialdemokratischen Wähler im selben Zeitraum von<br />
1669 sogar zwischenzeitlich auf 2404 anstieg, dann allerdings auf 1183 absank. Den<br />
Löwenanteil der Stimmen konnte die so genannte Unabhängige Gewerkschaft für<br />
sich verbuchen, die ab 1928, dem Gründungsjahr, bis 1932 alle Donawitzer Arbeiter<br />
zwangsorganisierte. 1933 traten 424 Menschen der Christlichen Gewerkschaft<br />
wieder bei. Am Erzberg blieben bis 1932 100 Menschen [1 Mandat von insgesamt<br />
14, Anm.] der Christlichen Gewerkschaft treu; im Kohlenrevier Fohnsdorf konnte<br />
die Christliche Gewerkschaft ebenfalls ein Mandat von insgesamt 14 behaupten. 352<br />
Obwohl zwischen der „roten“ Freien Gewerkschaft <strong>und</strong> der „schwarzen“ Christlichen<br />
Gewerkschaft gr<strong>und</strong>sätzliche ideologische Differenzen bestanden, waren sich<br />
beide in der Frage der „schädlichen“ Wirkung der UG einig. Bereits im April 1928<br />
beklagte sich der Landessekretär der christlichen Gewerkschaften, Hans Müller,<br />
über die „terroristischen“ Methoden der Heimwehr in der Obersteiermark, die sich<br />
auch gegen die christliche Gewerkschaftsbewegung richteten:<br />
Wir haben aber schon im August des vorigen Jahres davor gewarnt, dem Heimatschutz<br />
Aufgabengebiete zuzuteilen, die ihm nicht zustehen. (…). In obersteirischen<br />
christlichen Arbeiterschaft gewählt wurde. Leskovar war auch Gemeinderat in Donawitz von 1919<br />
bis 1929. In der christlichen Arbeiterbewegung wurde er Obmann des Verbandes der Katholischen<br />
Arbeitervereine Steiermarks <strong>und</strong> der Landeskommission der Christlichen Gewerkschaften. Leskovar<br />
vertrat die CSP im Nationalrat von 1927 bis 1934. In: http://www.parlament.gv.at/WW/DE/<br />
PAD_00865/pad_00865.shtml, 27.08.08; siehe auch: Rudolf List, 75 Jahre christliche Arbeiterbewegung<br />
in Obersteiermark (Donawitz 1962) S. 23–24.<br />
350 Rudolf List, 75 Jahre christliche Arbeiterbewegung in Obersteiermark (Donawitz 1962) S. 14–25.<br />
351 Abg. Kunschak in Donawitz. In: Leobener Zeitung (8.5.1929) S. 1.<br />
352 Karl Stocker, Akkumulationszwang <strong>und</strong> Arbeiterinteresse. Beiträge über die Umsetzung von<br />
Verwertungsinteressen in soziale Tatsachen am Beispiel der ÖAMG. In: Hinteregger/Müller/<br />
Staudinger, Freiheit, S. 259.