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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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diese durch das passive Verhalten der höchsten Stellen der Alpine indirekt gefördert<br />

worden war. Dass der Großteil der Alpine-Ingenieure <strong>und</strong> der ihnen unterstellten<br />

Arbeiter aktiv an dem Putsch teilgenommen hatten, wurde als Ergebnis der Beschäftigungspolitik<br />

der ÖAMG gewertet, welche „nationalsozialistische Parteigänger“ zu<br />

Lasten „vaterländisch“ gesinnter Arbeitssuchender bevorzugte. 888<br />

Einzelne Betriebe der ÖAMG wie jene in Donawitz, Eisenerz <strong>und</strong> Fohnsdorf<br />

spielten eine Schlüsselrolle im Juli-Putsch. Bereits in den Monaten zuvor waren<br />

Berichte über getarnte nationalsozialistische Agitation im Betriebsbereich bei den<br />

zuständigen Behörden eingelaufen, die sich nach einer Überprüfung als überwiegend<br />

zutreffend herausstellten. In einem Schreiben an Vizekanzler Fey Anfang Juli 1934<br />

schilderte der ehemalige Nationalratsabgeordnete des Heimatblockes, Josef Lengauer,<br />

die unhaltbaren Zustände in der Hütte Donawitz. Den unmittelbaren Anlass hierzu<br />

bildete eine <strong>Gewalt</strong>tat auf dem Werksgelände, die sich kurz zuvor ereignet hatte. Ein<br />

unbekannter Täter hatte einen österreichischen Heimatschützer mit einer Waffe des<br />

aufgelösten Deutschen Turnvereines aus kurzer Entfernung angeschossen <strong>und</strong> schwer<br />

verletzt. Befürchtungen wurden seitens der vaterländischen Arbeiterschaft laut, das<br />

Attentat sei der Auftakt zu einer Vergeltungsoffensive der Nationalsozialisten gegen<br />

Regierungstreue. Jene hatten die ständigen vom Dienstgeber geduldeten Provokationen<br />

der Nazis satt. Lengauer forderte die Entfernung des Generaldirektors Apold <strong>und</strong><br />

des Betriebsdirektors Zahlbruckner <strong>und</strong> die Einsetzung eines Werkskommissärs. 889<br />

Im Fohnsdorfer Bergwerk, einem weiteren Alpine-Betrieb, war es in den Monaten<br />

vor dem Putsch ebenfalls zu einer Verstärkung der Nazi-Agitation gekommen.<br />

Bereits im Juni war ein Gendarm bei der Verfolgung zweier nationalsozialistischer<br />

Bergarbeiter erschossen worden. Anfang Juli 1934 meldete die Ortsleitung der VF<br />

Fohnsdorf, die Bergdirektion würde Nationalsozialisten anerziehen, denn in einem<br />

der Schächte hätten zwei nationalsozialistisch gesinnte Arbeiter einschlägige Wandmalereien<br />

angebracht, die fotografiert <strong>und</strong> obertags verbreitet worden waren. Die<br />

dafür geopferte Arbeitszeit wäre ohne die stillschweigende Erlaubnis der Direktion<br />

kaum möglich, wurde argumentiert. 890 Dem Eisenerzer Regierungskommissär Franz<br />

Moser zufolge war die Verschränkung der ÖAMG mit dem Nationalsozialismus<br />

bereits unübersehbar geworden. Zudem verbreite der Terror der illegalen Aktivisten<br />

zunehmend Angst <strong>und</strong> Schrecken unter der „regierungstreuen“ Bevölkerung. Bei<br />

einer Durchsuchung des örtlichen Werksspitals hatte die Gendarmerie ein Waffenlager<br />

sowie Propagandamaterial in der Unterkunft des nationalsozialistischen<br />

Krankenpflegers <strong>und</strong> lokalen SA-Führers Anton I. gef<strong>und</strong>en. 891<br />

Nach dem Putsch wurde eine Reihe leitender Angestellter der ÖAMG, unter anderem<br />

auch der Betriebsdirektor Dr. August Zahlbruckner, festgenommen <strong>und</strong> ver-<br />

888 Der relevante Aktenbestand: StLA L.Reg. Gr.384: A 114 (1934) wurde bereits im Detail aufgearbeitet:<br />

Eduard Staudinger, Die ÖAMG im Juli 1934. In: Blätter für Heimatk<strong>und</strong>e 58 H.1 (1984)<br />

15–25.<br />

889 StLA ZGS (BKA) K.88/15 (Fol.733–735).<br />

890 StLA ZGS (BKA) K.88/15 (Fol.587–588).<br />

891 StLA ZGS (BKA) K.85/12 (Fol.1123–1125; 1143–1146); StLA ZGS (BKA) K.85/12 (Fol.934).<br />

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