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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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182<br />

<strong>und</strong> B<strong>und</strong>esheer durch Nationalsozialisten soll am Tag X für eine reibungslose<br />

Übernahme der Staatsgewalt sorgen. 586<br />

• Der Kampf um die „Macht im Staate“: Die Aufstandsbewegungen von 1931 <strong>und</strong><br />

1934 können gleichsam als Kulminationspunkte in einem krisenhaften gesellschaftspolitischen<br />

Kontext betrachtet werden. Bedenkt man, dass das bereits<br />

seit der Geburtsst<strong>und</strong>e der Ersten Republik durch Militarismus, gesellschaftliche<br />

Destabilisierung <strong>und</strong> wachsende Unzufriedenheit latent vorhandene Konfliktpotenzial<br />

von innen- <strong>und</strong> außenpolitische Kräften gezielt geschürt wird,<br />

so passen jene geplanten Aktionen wie Teile eines Puzzles in das Gesamtbild.<br />

Während jedoch Walter Pfrimer nach der „Macht im Staate“ greifen will, ist die<br />

Mobilisierung des Schutzb<strong>und</strong>es als ein letztes Aufbäumen vor dem Untergang<br />

der Sozialdemokratischen Partei zu begreifen. Im Gegensatz dazu kann der Juli-<br />

Putsch der NSDAP als gezielter Akt der Aggression Nazi-Deutschlands gegen<br />

Österreich gewertet werden.<br />

5.1 Die Eskalation der <strong>Gewalt</strong> im Kampf um die Straße:<br />

„Wir werden nicht schweigen. Früher patscht es!“ 587<br />

5.1.1 Am Anfang war die Not<br />

In dem von Gerhard Botz als „Revolutionsperiode“ bezeichneten Zeitraum, der in<br />

Österreich vom Kriegsende bis etwa Ende 1920 andauerte, herrschten in den Städten<br />

<strong>und</strong> größeren Ortschaften, aber auch in ländlichen Gebieten Hunger, materielle Not<br />

<strong>und</strong> Krankheit; die chaotischen Verhältnisse machten das Land zu einer potenziellen<br />

Brutstätte des politischen Radikalismus. Bereits vor dem Zusammenbruch hatte<br />

das von Heimkehrern aus Russland mitgebrachte revolutionäre Gedankengut eine<br />

explosive Stimmung bei den in Judenburg stationierten Soldaten <strong>und</strong> Teilen der<br />

Fohnsdorfer Arbeiterschaft erzeugt. 588 Sowohl die von Kommunisten organisierten<br />

Unruhen in Wien <strong>und</strong> Graz im Jahr 1919 wie auch jene Zusammenstöße zwischen<br />

der Ordnungsmacht <strong>und</strong> der hungernden Bevölkerung endeten blutig. Erst als die<br />

von der Regierung Seipel gesetzten Maßnahmen zur Sanierung der Währung ab etwa<br />

1924 zu greifen begannen, stabilisierte sich allmählich die innenpolitische Lage. 589<br />

<strong>Gewalt</strong>same Auseinandersetzungen zwischen politischen Gruppierungen in der Steiermark<br />

zeichneten sich bereits in den frühen 1920er Jahren ab, als ein Machtkampf<br />

zwischen der sozialdemokratischen Arbeiterschaft <strong>und</strong> Andersgesinnten entbrannte.<br />

586 Wolfgang Neugebauer, Die Anfänge des NS-Terrorismus in Österreich – Wurzeln, Motive, politische<br />

Hintergründe. In: Schefbeck, Österreich 1934, S. 73–77.<br />

587 Ausspruch eines „Heimatschützlers“ anlässlich einer Konfrontation mit einem „Schutzbündler“ in<br />

Deuchendorf bei Kapfenberg am 15. Sept.1929 (StLA ZGS (BKA) K.76/3 Fol.496).<br />

588 Chronik des BGK Judenburg, Bd.1/1914–1924.; Felix Busson, Die sozialpolitische Entwicklung.<br />

In: Die Österreichisch-Alpine Montangesellschaft 1881–1931 (Wien 1931) S. 160–161.<br />

589 Botz, <strong>Gewalt</strong>, S. 23–86.

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