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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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214<br />

5.2.5 Hilfsmaßnahmen<br />

Die große Not jener Jahre versuchten verschiedene österreichische Institutionen, Körperschaften,<br />

Vereine, politische Parteien <strong>und</strong> karitative Einrichtungen im Rahmen<br />

von Winterhilfsaktionen, durch Verteilen von Lebensmittelpaketen, Brennstoff- <strong>und</strong><br />

Kleiderspenden sowie Einrichten von Essensausgabestellen zu lindern. Ein Beispiel<br />

für eine ausländische Hilfsaktion liefert der Schweizer Alfred Silbernagel-Caloyanni,<br />

der ob der Not der Kinder in der obersteirischen Industrieregion erschüttert war.<br />

Seine Hilfe war der Ausspeisung bedürftiger Schulkinder, ohne Unterschied von<br />

Konfession, Nationalität <strong>und</strong> politischer Einstellung, gewidmet. Auch die Internationale<br />

Kinderhilfe in Genf schickte eine großzügige Geld- <strong>und</strong> Kleiderspende, die<br />

Kindern in Eisenerz <strong>und</strong> Donawitz zugute kam. 684 Die 10.000-Schilling-Spende des<br />

Ministeriums für Soziale Verwaltung, die auf Betreiben des Donawitzer Nationalrates<br />

Adolf Leskovar für die Armen von Donawitz erwirkt wurde, kann angesichts<br />

des endgültigen finanziellen Unterganges der Gemeinde im Jahr 1933 als ein letztes<br />

Almosen betrachtet werden. 685 Die Möglichkeit arme, mangelernährte Kinder aufzupäppeln,<br />

wurde im Rahmen der Kindererholungsaktion wahrgenommen. Während<br />

der Sommermonate wurden ausgesuchte Schulkinder in Erholungsheimen, wie<br />

jenes im Tollinggraben untergebracht, wo sie sieben unbeschwerte Wochen an der<br />

frischen Luft <strong>und</strong> bei guter Kost verleben konnten. Die Aktion wurde mittels des<br />

Unterstützungsfonds der Krankenkassen <strong>und</strong> der Bezirksvertretungen finanziert. Im<br />

Jahr 1932 wurden 163 Kinder aus dem Bezirk Leoben aufgenommen – eine erschreckend<br />

niedrige Zahl gemessen an der Einwohnerzahl des Bezirkes [1934 etwa 67.000,<br />

Anm.]. 686 Ein weiteres Beispiel für eine Privatinitiative zur Unterstützung arbeitsloser<br />

<strong>und</strong> ausgesteuerter Arbeiter ist die Winterhilfe der Generaldirektion der ÖAMG. Im<br />

Rahmen jener Aktion erhielten bedürftige, ehemalige langjährige Mitarbeiter <strong>und</strong><br />

deren Familien, ungeachtet deren politischen Einstellung wie es hieß, Lebensmittel,<br />

Kleider <strong>und</strong> Kohlenspenden. 687<br />

Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Regierung oder der Gemeinden, die<br />

beispielsweise durch Straßenbau- <strong>und</strong> Flussregulierungsprojekte sowie die Elektrifizierung<br />

von Bahnstrecken möglichst vielen Arbeitslosen Beschäftigung geben<br />

sollten, konnten auf Gr<strong>und</strong> der hierfür notwendigen Kredite nur zum Teil umgesetzt<br />

werden. 688 Ein Arbeitsbeschaffungsprogramm im ganz großen Stil scheiterte am<br />

unbedingten Festhalten der Regierung an der Politik der Währungsstabilität aus<br />

Angst vor einer neuerlichen Inflation. Der von der Regierung Ende 1932 eingerichtete<br />

freiwillige Arbeitsdienst für arbeitslose Jugendliche unter 25 Jahren sah einen<br />

684 Schweizerhilfe für die Kinder in Eisenerz <strong>und</strong> Donawitz. In: Obersteirische Volkszeitung<br />

(27.10.1932) S. 1.<br />

685 Rettungsaktion der Regierung für Donawitz. In: Leobener Zeitung (25.9.1932) S. 1.<br />

686 Kindererholungsaktion 1932. In: Leobener Zeitung (4.12.1932) S. 12.<br />

687 StLA Magnesitbergbau Wald K.11 Heft 49 (R<strong>und</strong>schreiben der ÖAMG vom 17. Dezember 1932<br />

Betrifft: Winterhilfe, Lebensmittelgaben).<br />

688 StLA BV Leoben K.93 („Bezirk Leoben – Durchführung von Arbeiten mit Hilfe der produktiven<br />

Arbeitslosenfürsorge“): Ende 1926 wurden die im Rahmen der produktiven Arbeitslosenfürsorge<br />

geplanten öffentlichen Arbeiten auf Gr<strong>und</strong> der schlechten Finanzlage des Bezirkes abgesagt.

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