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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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Erklärtes Ziel der KPÖ war es, Propaganda „von der kleinsten Werkstätte in der Stadt<br />

bis auf das flache Land“ zu verbreiten. Als Organisationsleiter für Steiermark sollte<br />

Friedrich Lauscher „alle erreichbaren Elemente“ für die kommunistische Bewegung<br />

erfassen <strong>und</strong> die Arbeiterwehr ausbauen. Dem Bericht zufolge waren die Länder in<br />

Kreise eingeteilt, die wiederum in Ortsgruppen <strong>und</strong> Zellen unterteilt wurden. In der<br />

Steiermark existierten zwei Kreisleitungen: eine in Graz für das Unterland <strong>und</strong> eine<br />

in Bruck an der Mur, die für das Gebiet des ganzen Mur- <strong>und</strong> Mürztales sowie das<br />

Ennstal zuständig war. Künftig sollten zusätzliche Kreisleitungen im Ennstal <strong>und</strong><br />

in Leoben die Brucker Kreisleitung entlasten <strong>und</strong> unterstützen. Die Kreisleitung<br />

in Bruck bestand aus einer politischen Abteilung, die unter der Leitung von Franz<br />

Fuchs <strong>und</strong> Alois Golle stand, sowie einer technischen, in welcher die Arbeiterwehr<br />

von Karl Kornberger <strong>und</strong> Johann Korar aus Leoben militärisch betreut wurde. Den<br />

Kern der Arbeiterwehr bildeten 58 namentlich aufgezählte Männer, die in <strong>und</strong> um<br />

Bruck, Kapfenberg <strong>und</strong> Diemlach wohnten. Zusätzliche Mitglieder erhoffte sich der<br />

militärische Leiter durch den erhofften Zuerwerb der Anhängerschaft Franz Pangerls,<br />

eines Brucker Kommunistenführers. Angeblich sollte Pangerl im Verweigerungsfalle<br />

„irgendwie abgesägt“ werden, um seine Anhängerschaft führerlos zu machen. Die<br />

Brucker Arbeiterwehr verfügte zwar über einen eigenen Übungsplatz, ihre Aufrüstung<br />

sei jedoch derzeit schwierig, weil die „Geldzuschüsse aus Wien“ laut Bericht<br />

fast vollkommen versiegt waren. 261<br />

Das Parteisekretariat in Leoben wurde vom Bezirkssekretär Gustav Wegerer<br />

bereits vor 1927 geleitet. 262 In einem Polizeibericht aus dem Jahr 1926 trat er auch<br />

als „kommunistischer Arbeiterkammerrat“ 263 bei einer Versammlung in den Grazer<br />

Annensälen auf. Anlässlich der Versammlung protestierten die Kommunisten gegen<br />

die Wiederwahl Rintelens zum Landeshauptmann wegen seiner mutmaßlichen Verwicklung<br />

in verschiedene Finanzskandale. Rintelen <strong>und</strong> Konsorten wurden als Räuber,<br />

Gauner <strong>und</strong> Haderlumpen bezeichnet, die „schon längst auf den Galgen“ gehörten,<br />

andernfalls müsse man „diese Faloten einfach vom Fenster herunterwerfen“. 264<br />

Ebenfalls im Oktober 1926 berief Wegerer eine Versammlung in Leoben ein, diesmal<br />

zum Thema des Bergarbeiterstreiks in England, dessen Ausgang als Kriterium für<br />

die Arbeitsbedingungen anderer Bergarbeiter mit Spannung erwartet wurde. 265 Beim<br />

9. Parteitag der KPÖ im Juni 1927 wurde Wegerer zusammen mit Koplenig ins Zentralkomitee<br />

gewählt <strong>und</strong> tauchte noch einmal beim Wiener Parteitag im Jänner 1929<br />

als Referent auf. 266 Nach dem Ausscheiden Wegerers übernahm vermutlich Josef<br />

Leeb die Leitung des Leobener Sekretariats; er scheint jedenfalls in einem Bericht<br />

261 StLA ZGS (BKA) K.78/5 (Fol.117–119): GPK Bruck and LGK Steiermark am 14.12.1931.<br />

262 StLA ZGS (BKA) K.74/1 (Fol.385): Im Dezember 1926 war Wegerer (geb.1897 in Köflach) Sekretär<br />

der KPÖ in Leoben <strong>und</strong> in Donawitz wohnhaft.<br />

263 Laut Polizeibericht erreichten die Kommunisten bei den letzten steirischen Kammerwahlen die<br />

Wahl dreier Vertreter in die Kammer für Arbeiter <strong>und</strong> Angestellte auf Gr<strong>und</strong> des Zuzugs „unzufriedener<br />

<strong>und</strong> radikaler Sozialdemokraten“: StLA L.Reg. K.213: Gr.384 (1926): Pol.Dion.Graz<br />

Zl.2451/53 PI26, 3.12.1926.<br />

264 StLA L.Reg. K.213: Gr.384 (1926): Pol.Dion.Graz Zl.2451/49PI, 7.10.1926.<br />

265 StLA L.Reg. K.213: Gr.384 (1926): LGK Abt.Leoben E.Nr.4008, 28.10.1926.<br />

266 Steiner, KPÖ, S. 62;70.<br />

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