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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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in anderen Ortsgemeinden des Bezirkes hielt die Arbeiterschaft Protestversammlungen<br />

ab <strong>und</strong> verfasste Resolutionen. Zu Ausschreitungen soll es jedoch nirgends<br />

gekommen sein. 607 Bald nach dem Ablauf des vom Landeshauptmann Paul verfügten<br />

Aufmarschverbotes 608 Ende September 1927 marschierten die Formationen der<br />

„marxistischen“ <strong>und</strong> „antimarxistischen“ Lager in der Region auf, um ihren Willen<br />

zur Macht in der Öffentlichkeit zu demonstrieren. Laut der Chronik des Bezirksgendarmeriekommandanten<br />

fand bereits am 10. Oktober eine Parade des Gaues<br />

Leoben statt, bei dem r<strong>und</strong> 3000 Heimatschützer, mit dabei der Leobener Studentenbataillon,<br />

in Leoben aufmarschierten, wo sie von der bürgerlichen Bevölkerung<br />

stürmisch begrüßt <strong>und</strong> vom Gauleiter B<strong>und</strong>esrat Anton Höpfl angelobt wurden. 609<br />

Der Tag der Republik wurde am 11. <strong>und</strong> 12. November von der sozialdemokratisch<br />

organisierten Arbeiterschaft von Leoben <strong>und</strong> Umgebung trotz oder gerade wegen des<br />

Aufschwunges der bürgerlichen Wehrbewegung entsprechend feierlich begangen. 610<br />

Als Antwort auf den ersten großen Aufmarsch der uniformierten Heimatschützer in<br />

Bruck an der Mur, der, etwa 8000 Mann stark, am 27. November stattgef<strong>und</strong>en hatte,<br />

ließ die Bezirksleitung der sozialdemokratischen Partei bei einem Bezirkstreffen am<br />

4. Dezember Arbeiterordner aus Wien, Wiener Neustadt, Graz, Leoben, Eisenerz,<br />

Judenburg, Knittelfeld <strong>und</strong> aus dem ganzen Bezirk Bruck, laut behördlicher Schätzung<br />

insgesamt mehr als 14.000 Mann, aufmarschieren. In seiner Begrüßungsansprache<br />

wies der Kommandant des Republikanischen Schutzb<strong>und</strong>es Julius Deutsch<br />

auf die Notwendigkeit hin, dem Sozialismus die Treue zu halten:<br />

Wir wissen wer die Heimwehren organisiert, das sind die Abgetakelten der alten<br />

Habsburgerarmee. Wir wissen, wer das Geld für die Ausrüstung gibt <strong>und</strong> wer die<br />

politischen Führer sind. (…). Wir wollen niemanden bedrohen (…). Wir wollen aber<br />

sagen, wer uns mit <strong>Gewalt</strong> bedroht, dem werden wir mit <strong>Gewalt</strong> entgegentreten. 611<br />

Deutsch reagierte damit auf den von Pfrimer geworfenen Fehdehandschuh, der<br />

anlässlich einer großen Heimwehrtagung den „roten H<strong>und</strong>en“ einen „Kampf<br />

aufs Messer“ angekündigt haben soll. 612 Somit wurden die Weichen in Bruck <strong>und</strong><br />

Umgebung auf Konfrontation gestellt: Der Juli 1927 hatte sich in die Erinnerung<br />

der Menschen „eingebrannt“: Bei jedem sich bietenden Anlass zitierten Vertreter<br />

der bürgerlichen Parteien die Brucker Ereignisse als Beispiel für die Machtgelüste<br />

der „Marxisten“ <strong>und</strong> ihres Führers Koloman Wallisch. 613 Als Konsequenz der<br />

607 Situationsberichte. In: Obersteirische Volkszeitung (19.7.1927) S. 3.<br />

608 StLA BH Leoben Gr.14: K.8 (Zl. 384W 9/4 1927): Landeshauptmann Paul hob das von ihm am<br />

29.7.1927 verfügte „Verbot von Umzügen von Wehrschutzverbänden in Steiermark“ am 30.9.1927<br />

vorzeitig auf.<br />

609 Chronik des BGK Leoben, 1927.<br />

610 StLA BH Leoben Gr.14: K.8 (LGK E.Nr.4229, 12.11.1927).<br />

611 StLA ZGS (BKA) K.74/1 (Fol.244–248); ÖHJ 1933, S. 36.<br />

612 StLA BH Leoben Gr.14: K.16 (Der Alpine Sklave, November 1927).<br />

613 Koloman Wallisch, 50 Jahre „12. Februar 1934“. Zur Erinnerung an die Ereignisse des Februar<br />

1934 im Bezirk Bruck/Mur hrsg. SPÖ Bezirksorganisation Bruck/Mur (Bruck/Mur 1984) S. 20;<br />

Paula Wallisch, Ein Held stirbt (Graz 1978) S. 147–163.<br />

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