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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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des Führungsduos Pfrimer/Rauter stand, in wichtigen parlamentarischen Fragen<br />

<strong>und</strong> Abstimmungen auf Konfrontationskurs. Anstatt das bürgerliche Lager zu stärken,<br />

schwächte er es. Die Regierungskrise begann im Mai 1931, als B<strong>und</strong>eskanzler<br />

Ender über die umstrittene Sanierung der vom Untergang bedrohten Credit-Anstalt<br />

stolperte. Daraufhin betraute B<strong>und</strong>espräsident Miklas Altkanzler Seipel mit der<br />

Bildung einer starken Konzen trationsregierung. 798 Als Rauter den Abgeordneten des<br />

Heimatblocks befahl, einer Berufung zum designierten B<strong>und</strong>eskanzler Seipel nicht zu<br />

folgen, sondern sich verleugnen zu lassen, war die Blamage perfekt. Der Industriellenverband<br />

drohte, die Finanzierung der Bewegung mit September 1931 zu limitieren,<br />

wenn „bis dahin eine Abkehr von der radikalen Richtung nicht eintrete.“ 799 Felix<br />

Busson, einer der Direktoren der ÖAMG <strong>und</strong> Befürworter des Heimatblocks, sah die<br />

größte Gefahr für die Heimwehren <strong>und</strong> für Pfrimers Heimatschutz im Besonderen<br />

in der nun drohenden „schwarz-roten Koalition“:<br />

Bestrebt sich der Heimatblock nicht, die wankelmütigen Grossdeutschen in der<br />

Regierungskoalition zu ersetzen, so ist es sicher, dass eine schwarz-rote Koalition<br />

zustande kommt <strong>und</strong> was diese, wenn auch nur bei kurzem Bestande, für die<br />

ganze Wirtschaft <strong>und</strong> für den Heimatschutz selbst bedeutet, kann jeder vernünftig<br />

Denkende ohneweiters einsehen. Es ist sicher, dass die erste Massnahme einer<br />

solchen Koalition die Auflösung <strong>und</strong> Entwaffnung der Selbstschutzformationen<br />

<strong>und</strong> einen Niederbruch der Heimatschutzbewegung im Gefolge hätte. 800<br />

Nachdem das „Gespenst“ einer schwarz-roten Koalition jedoch bald vom Tisch war,<br />

bildete sich schließlich eine bürgerliche Koalition „der schwachen Hand“, die am<br />

20. Juni 1931 die Regierungsgeschäfte, bezeichnenderweise ohne Mitwirkung des<br />

Heimatblocks, übernahm.<br />

Die Regierungsverhältnisse in Österreich waren seit den Wahlen im November<br />

1930, als der christlichsoziale Stimmenanteil auf magere 35 Prozent gesunken<br />

war, äußerst instabil. Um das Staatsschiff auf Kurs zu halten, war jede bürgerliche<br />

Koalition mehr oder weniger auf die Unterstützung einer anderen Fraktion<br />

im Nationalrat angewiesen. Walter Pfrimer hat mehrmals gedroht, den „Saustaat“<br />

<strong>und</strong> das Parlament durch einen Marsch nach Wien abzuschaffen. 801 Was oder wer<br />

den Heimatschutzführer konkret veranlasst haben mag, wirklich loszuschlagen, ist<br />

bisher nicht ganz klar. Die Motivation des streitbaren Advokaten, einen Staatstreich<br />

durchzuführen, muss jedenfalls sehr stark gewesen sein. Noch immer schwebt ein<br />

798 Goldinger/Binder, Österreich, S. 180–185.<br />

799 Bekanntlich war Pfrimer kein Verfechter des demokratischen Weges, sondern Vertreter einer<br />

überparteilichen Organisation. Er war von Anfang an gegen Wahlen – für ihn erfüllte der Heimatblock<br />

eine bloße Sicherungsfunktion. Im Fall eines Aufmarsch- oder Uniformverbotes der bewaffneten<br />

Verbände sollte der Heimatblock den Fortbestand der Heimatschutz-Idee im Parlament<br />

garantieren: Abwehr oder Erneuerungsbewegung. In: Der Panther (9.5.1931) S. 1.<br />

800 ÖStA AdR Ktn.4871 BKA Inneres 22/gen 1932 (GZ.221.233 GD.1/31, 20.11.1931) Gegenstand: Dr.<br />

Paul Weitzer, Geschäftsführer des Verbandes der Obersteirischen Eisen- <strong>und</strong> Stahlwerke; Rückstellung<br />

von beschlagnahmten Schriftstücken (Umwandlung des Heimatblocks/12.6.1931).<br />

801 Wiltschegg, Volksbewegung, S. 194–197.<br />

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