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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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zum Einsatz, als anlässlich einer von Arbeitern durchgeführten Waffensuche bei<br />

einigen Bauern in Waltersdorf bei Judenburg Unruhen befürchtet wurden. 211 Als<br />

Antwort auf die erstarkende Heimwehrbewegung sowie auf die „Entpolitisierung“<br />

des B<strong>und</strong>esheeres durch Heeresminister Carl Vaugoin (CSP) wurde im April 1923 der<br />

Republikanische Schutzb<strong>und</strong> gegründet; in der Steiermark erfolgte die behördliche<br />

Genehmigung der Landesorganisation im Juni desselben Jahres. 212<br />

4.1.3 Exkurs: Eine explosive Mischung:<br />

Rintelen, Pfrimer <strong>und</strong> Wallisch<br />

Ein weiterer ständiger Streitpunkt im Verhältnis zwischen der christlichsozialen<br />

<strong>und</strong> der sozialdemokratischen Fraktion im Landtag blieb die Person des Landeshauptmannes<br />

Anton Rintelen. Eine Reihe <strong>und</strong>urchsichtiger Machenschaften, wie die<br />

„Wetzelsdorfer Banknotenfälschungs“- 213 <strong>und</strong> die „Steirerbank“-affäre, brachten die<br />

Gemüter gegen ihn auf. Schließlich verhinderten die Sozialdemokraten Rintelens<br />

Wiederwahl im Oktober 1926 mit den Mitteln der „lärmenden Obstruktion“. 214 Ein<br />

Dorn im Auge der Sozialisten war Rintelens Rolle als „Schutzpatron“ <strong>und</strong> Förderer<br />

der christlichsozialen Heimwehren der mittleren Steiermark, die er unter seinen<br />

Adlatus, den späteren Finanzminister Jakob Ahrer, stellte. 215 Möglicherweise hatte<br />

Rintelen auch persönliche Gründe für seine betont „antimarxistische“ Haltung:<br />

Der Landeshauptmann hatte im Mai 1921 die entfesselte <strong>Gewalt</strong> einer Gruppe von<br />

obersteirischen Arbeitern, angeblich Kommunisten, am eigenen Leib zu spüren<br />

bekommen, als er bei einer christlichsozialen Tagung in St. Lorenzen im Mürztal<br />

aus dem Fenster gestürzt <strong>und</strong> danach schwer misshandelt wurde. 216 Auf Landesebene<br />

bestanden die meisten Konfliktpunkte zwischen den so genannten bürgerlichen<br />

Parteien <strong>und</strong> den Sozialdemokraten als Vertreter der Arbeiterschaft, abgesehen von<br />

massiven Korruptionsvorwürfen gegen das „System“ Rintelens, auf der Ebene des<br />

von den Sozialdemokraten propagierten Klassenkampfes. Im Zentrum des sozialde-<br />

211 Chronik des BGK Judenburg, Bd.1/1922. Als im November 1922 ernste Unruhen in Waltersdorf<br />

bei Judenburg ausbrachen – eine Folge der Verhaftung der Rädelsführer von etwa 200 bewaffneten<br />

Arbeitern, die einige Strettweger Bauern bei einer Waffensuche überfallen hatten – wurde<br />

der freiwillige „Selbstschutz“ des oberen Murtales unter dem Kommando des Barons Prankh als<br />

Gendarmerieassistenz eingesetzt.<br />

212 Pferschy, Steiermark, S. 950.<br />

213 Rintelen stand im Verdacht, eine im Jahr 1921 in Wetzelsdorf bei Graz eingerichtete Geldfälschungszentrale<br />

gedeckt zu haben, die mit der Finanzierung der ungarischen monarchistischen<br />

Bewegung in Verbindung gestanden haben soll. Siehe dazu: StLA Sten. Ber.Stmk.Landtag 1923–<br />

1927, 1–73 (41./42.Sitzung 12.2./19.2.1926) S. 989–996;1003–1007.<br />

214 StLA Sten. Ber.Stmk.Landtag 1923–1927, 1–73 (57.Sitzung 15.10.1926) S. 1301: Die Abgeordneten<br />

sangen: Buama seid lustig, die Musik ist schön, wenns noch eine Weile fortgeht, muß der Rintelen<br />

gehen. Den Pri sching <strong>und</strong> Ahrer, die sind wir schon los, nur der Rintelen Anton ist noch dubios! (verstärkt<br />

durch Sirenen).<br />

215 Gerhard Pferschy, Über Kräfte <strong>und</strong> Ideen im politischen Leben der Steiermark während der Ersten<br />

Republik. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark (ZdHVSt) 80 (1989), 249.<br />

216 Eine <strong>Gewalt</strong>tat in St. Lorenzen. In: Obersteirische Volkszeitung (10.05.1921) S. 1.<br />

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