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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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Polizeibericht zufolge umfasste ihre Gruppe r<strong>und</strong> 300 Anhänger, zumeist Arbeitslose;<br />

die der gegnerischen „Moskauer Gruppe“ hingegen nur etwa 100 Anhänger.<br />

Nach dem Ausschluss der „Fraktionisten“ wurden einige Mitglieder der „Moskauer<br />

Gruppe“ in die Parteileitung gewählt. Mit dieser Säuberungsaktion („Reinigung“)<br />

sollte der Spaltung der KPÖ <strong>und</strong> der „Verwässerung“ des revolutionären Kampfes<br />

ein Ende bereitet werden. Laut polizeilichen Vermutungen hatten die ausgeschlossenen<br />

Kommunisten engere Kontakte zu den Sozialdemokraten unterhalten; ihre<br />

Führer sollen neben dem KPÖ-Abzeichen auch das sozialdemokratische Abzeichen<br />

getragen haben. 256 Als das politische Gewicht der Nationalsozialisten zunächst in<br />

Deutschland, dann ab etwa 1932 auch in Österreich immer stärker wurde, änderte<br />

die KPÖ ihre bisherige Taktik des Verweigerns jeglicher Zusammenarbeit in den<br />

Gemeindestuben. Nach den Gemeinderatswahlen im April 1932 wurden die neuen<br />

kommunistischen Gemeinderäte hingegen aufgefordert „sich an die Spitze aller proletarischen<br />

Forderungen“ zu stellen <strong>und</strong> „gegen jedes weitere Eindringen der Nazis<br />

in die Reihen der Arbeiterklasse“ zu wirken. Im August 1932 rief Koplenig zum<br />

Kampf gegen den Faschismus auf, der als „die brutalste, rücksichtsloseste Form der<br />

bürgerlichen Diktatur“ charakterisiert wurde. Nach dem Verbot der Partei am 26.<br />

Mai 1933 setzte die KPÖ ihren Kampf gegen den Faschismus in der Illegalität fort. 257<br />

Vom Februar bis Oktober 1934 stieg die Mitgliederzahl der KPÖ von 3000 auf 16.000<br />

an. Laut dem Zeitgenossen <strong>und</strong> aktiven Sozialdemokraten Karl Schiffer waren viele<br />

„linken“ Sozialdemokraten, aus der Steiermark beinahe alle leitenden Funktionäre<br />

der „Jungfront“, zur illegalen KPÖ übergetreten. 258<br />

4.2.1 Die KPÖ in der Leobener Industrieregion:<br />

Organisation <strong>und</strong> Aktivitäten<br />

In der obersteirischen Industrieregion bildeten die Kommunisten eine verhältnismäßig<br />

kleine, jedoch äußerst aktive Organisation mit Agitationszentren in den<br />

Industrieorten <strong>und</strong> den Betrieben, besonders der ÖAMG. Die KPÖ unterhielt Parteisekretariate<br />

in Bruck an der Mur <strong>und</strong> Leoben, <strong>und</strong> es ist sicher anzunehmen, dass<br />

Ansprechpersonen in jedem Hauptort <strong>und</strong> in größeren Betrieben, wie in Donawitz,<br />

als Vertrauensmänner zur Verfügung standen. Abgesehen von der Betriebsorganisation,<br />

gab es zumindest in Leoben die Lokalorganisation 259 , eine Frauenbewegung<br />

<strong>und</strong> eine Jugendorganisation. 260 Ende 1931 berichtet die Behörde von einer geplanten<br />

Verstärkung kommunistischer Agitation in der obersteirischen Industrieregion.<br />

256 StLA L.Reg. K.213: Gr.384 (1926): Pol.Dion.Graz Zl.2451/68PI, 22.2.1927.<br />

257 Steiner, KPÖ, S. 84–88.<br />

258 Karl Schiffer, Die Linke in der steirischen Sozialdemokratie während der Ersten Republik. Ein<br />

autographischer Bericht. In: Hinteregger/Müller/Staudinger, Freiheit, S. 283.<br />

259 Steiner, KPÖ, S. 69: Parteisekretär Gustav Wegerer konnte von „Erfolgen“ im Jänner 1929 berichten:<br />

120 Parteimitglieder in Seegraben, 130 in Donawitz, 10 Prozent kommunistische Stimmen<br />

bei Arbeiterkammerwahlen. 1931 berichtet die Behörde von kommunistischen Ortsgruppen in<br />

Leoben-Donawitz (193 Mitglieder), Eisenerz, St. Michael, Trofaiach <strong>und</strong> Vordernberg.<br />

260 StLA BH Leoben Gr.14: K.58 (Zl.386/II Po 2/6-1932, Paul Polansky, Abschaffung).

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