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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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ein Wachmann zu Boden getreten <strong>und</strong> schwer verletzt, <strong>und</strong> die bereits mit gefällten<br />

Bajonetten anrückenden Gendarmen empfingen die Demonstranten mit einem<br />

Steinhagel. Wallisch <strong>und</strong> seine Schutzb<strong>und</strong>ordner versuchten währenddessen eine<br />

Menschenkette zwischen den Tobenden <strong>und</strong> der Gendarmerie zu ziehen, um Stichverletzungen<br />

zu verhindern. Nur mit vereinten Kräften des Schutzb<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der<br />

Exekutive konnte die rasende Menge schließlich in verschiedene Richtungen zerstreut<br />

werden. 676<br />

Die Welle der Arbeitslosendemonstrationen <strong>und</strong> bewusst von verantwortungslosen<br />

Demagogen provozierten Ausschreitungen setzte sich bis in das Jahr 1933 fort.<br />

Die Behörde stellte jedoch fest, dass es den Kommunisten trotz größter Anstrengung<br />

kaum gelungen war, die „politisch geschulte“ Arbeiterschaft für sich zu gewinnen,<br />

ihre Agitation soll lediglich unter den Arbeitslosen <strong>und</strong> Ausgesteuerten, sowie dem<br />

ärmeren Landvolk, bei Kleinbauern, Knechten <strong>und</strong> Mägden, auf fruchtbaren Boden<br />

gefallen sein. In den Bezirken Leoben, Judenburg <strong>und</strong> Mürzzuschlag hätten sich<br />

kommunistische Aktivisten bei kleineren Besitzern aufgr<strong>und</strong> ihres vehementen<br />

Auftretens bei der Vereitelung von Exekutionen (Zwangsvollstreckungen) beliebt<br />

gemacht. Radikale Tendenzen auf dem Land seien insbesondere seit den Unruhen<br />

im oststeirischen Vorau zur Jahreswende 1933 wahrnehmbar geworden. 677 Anlässlich<br />

der Zwangsvollstreckung mehrerer bei der Krankenkasse verschuldeter Besitzer<br />

hatten sich Bauern <strong>und</strong> Knechte aus der Gegend um Vorau gewalttätig erhoben.<br />

Diese Aktion war der Auftakt zu landesweiten Protesten, die sich im Kern gegen die<br />

Verordnung von Krankenkassenbeiträgen richteten, welche bei sinkenden Einnahmen<br />

als ungeheure Belastung empf<strong>und</strong>en wurde. Die Lage war derart gespannt, dass<br />

Einheiten des B<strong>und</strong>esheeres <strong>und</strong> der Gendarmerie nach Vorau einrücken mussten. 678<br />

5.2.4 Donawitz in der Krise<br />

Als sich 1932 die Krise im Eisen- <strong>und</strong> Stahlsektor weiter verschärfte <strong>und</strong> immer<br />

mehr Lohnabhängige freigesetzt oder auf Kurzarbeit umgestellt wurden, kam es<br />

an Auszahlungs- <strong>und</strong> Anmeldetagen regelmäßig zu gewalttätigen Ausschreitungen<br />

vor dem Arbeitsamt in Leoben. 679 Aufgr<strong>und</strong> bereits vollzogener <strong>und</strong> angekündigter<br />

Entlassungen sowie anlässlich der bevorstehenden Gemeinderatswahlen entpuppte<br />

sich das Frühjahr 1932 als besonders brisanter Zeitraum. Laut dem LGK war die<br />

Agitation der Kommunisten im Wahlmonat April in Industrieorten wie Judenburg,<br />

Leoben <strong>und</strong> Graz eine sehr rege gewesen, die von ihnen angekündigte Rücksichtslosigkeit<br />

jedoch weit hinter jener der NSDAP geblieben. 680 Zur Maifeier, zu den<br />

676 StLA ZGS (BKA) K.79/6 (Fol.899–901).<br />

677 StLA ZGS (BKA) K.80/7 (Fol.340–341).<br />

678 Wieder ein bewegter Tag in Vorau. In: NFP (3.1.1933) S. 3–4, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/an<br />

no?apm=0&aid=nfp&datum=19330103&seite=3&zoom=2, 18.12.2009.<br />

679 Auch im August ereigneten sich Zusammenstöße vor dem Arbeitsamt: StLA L.Reg. K.678: Gr.384<br />

(Le10 1932).<br />

680 StLA ZGS (BKA) K.78/5 (Fol.720–728).<br />

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