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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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21 Abgeordnete zum Landtag, einen Landeshauptmannstellvertreter (Pongratz) <strong>und</strong><br />

die Landesräte Machold, Oberzaucher <strong>und</strong> Resel, danach Regner; in der IV. Landtagsperiode<br />

von 1930 bis 1934 stellte die SDAP 17 Abgeordnete zum Landtag, Landeshauptmannstellvertreter<br />

Machold <strong>und</strong> die Landesräte Leichin, Oberzaucher <strong>und</strong><br />

Regner. 204 Auch in Leoben spielten Sozialdemokraten ab der ersten St<strong>und</strong>e sowohl<br />

im Bezirkswohlfahrtsausschuss als auch in der ersten Stadtregierung eine führende<br />

Rolle. Bei den Gemeindewahlen im Juli 1919 errang die SDAP fünfzehn von dreißig<br />

Mandaten <strong>und</strong> stellte mit Bezirkssekretär Hans Primus den Bürgermeister der Stadt<br />

Leoben. 205 Auch in den übrigen Industriegemeinden des Bezirkes, wie Donawitz,<br />

Niklasdorf, Vordernberg, Eisenerz, Hieflau <strong>und</strong> St. Michael, errangen die Sozialdemokraten<br />

die Mehrheit <strong>und</strong> stellten den Bürgermeister. 206<br />

In diese frühe Phase der politischen Kooperation mischten sich jedoch Vorboten<br />

kommender Antagonismen: Aus der Sicht der steirischen Christlichsozialen<br />

waren die Sozialdemokraten die Urheber des erneut einsetzenden Kulturkampfes.<br />

Bereits im Dezember 1918 zitiert das christlichsoziale „Grazer Volksblatt“ ein aktuell<br />

herausgegebenes Korrespondenzblatt der sozialdemokratischen Parteiorganisation<br />

der Steiermark, in dem der offene Kampf um die Trennung von Kirche <strong>und</strong> Staat<br />

als vorrangiges Anliegen bezeichnet wurde, um die „Masse derer, die noch unter<br />

dem Einflusse der Pfaffen stehen“ für die sozialistische Idee zu gewinnen. Nicht die<br />

„heutige demokratische Republik“ sei das Endziel, sondern die Errichtung einer sozialistischen<br />

Republik. 207 Im Verlauf des Jahres 1919 gewann die Sozialisierungsfrage,<br />

eine zentrale Forderung der Sozialdemokratie, an Bedeutung. Auch die Christlichsozialen<br />

befürworteten eine Sozialisierung im Sinne des Wirkens des einstigen Wiener<br />

Bürgermeisters Karl Lueger, stellten sich jedoch gegen eine „wilde“ Übernahme von<br />

allen möglichen Betrieben. 208 Als im April 1919 Arbeiter in Donawitz <strong>und</strong> Seegraben<br />

vollendete Tatsachen schufen <strong>und</strong> sich an den Leiter der Sozialisierungskommission<br />

in Wien, Otto Bauer, um die Formalisierung der „Expropriation“ wendeten, musste<br />

dieser die Aktion auf Gr<strong>und</strong> wirtschaftlicher <strong>und</strong> politischer Notwendigkeiten abblasen.<br />

209 Als Konsequenz dieser Absage entstand ein erheblicher Vertrauensverlust an<br />

der sozialdemokratischen Basis; die misslungene Aktion der obersteirischen Arbeiterschaft<br />

rief aber auch Walter Pfrimer, den Begründer der überparteilichen Volksratsbewegung,<br />

auf den Plan. Neben anderen steirischen Heimwehrführern schuf er<br />

einen antimarxistischen Heimwehrverband gegen die vermeintliche Gefährdung des<br />

Gemeinwohls durch die obersteirischen Kommunisten <strong>und</strong> Sozialdemokraten. Diese<br />

nationalen Verbände sollen bis Juli 1920 eine Stärke von mehr als 21.000 Freiwilligen<br />

erreicht haben. 210 Im November 1922 kam Pfrimers Heimwehr im oberen Murtal<br />

204 Josef Lipp, Der steiermärkische Landtag. Die Landtagswahlordnungen <strong>und</strong> die Landtagswahlergebnisse<br />

der Steiermark in der 1. Republik (Dipl. Arb., Graz 1991) App. XV–XVII.<br />

205 Die Gemeindewahlen in Leoben. In: Obersteirische Volkszeitung (30.07.1919) S. 2; Rudolf List,<br />

Das Leobner Taschenbuch (Leoben/Trofaiach 1963) S. 220.<br />

206 Freudenthaler, „Eisen auf immerdar!“, S. 386.<br />

207 Was die steirischen Sozialdemokraten wollen? In: Grazer Volksblatt (1.12.1918) S. 1.<br />

208 Die christlichsoziale Partei <strong>und</strong> die Sozialisierung. In: Grazer Volksblatt (12.04.1919) S. 1.<br />

209 Pferschy, Steiermark, S. 948; Hinteregger, Arbeiterbewegung, S. 35.<br />

210 Pferschy, Steiermark, S. 949.

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