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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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gehöre jener Stosstruppe an, die auf Sprengstoffanschläge in Österreich spezialisiert<br />

war. Dieser halte sich gegenwärtig in Lindau unter gefälschtem Namen auf. Auf<br />

Befehl Reschnys sollte Weichselbaum im Juli 1933 über die Grenze nach Österreich<br />

geschleust werden, um einen Sprengstoffanschlag auf die Grazer Hilfspolizeischule<br />

in der Leonhardkaserne (Reiterkaserne) zu verüben, was ihm jedoch letztlich misslungen<br />

sei. Kraft seiner Machtfülle – immerhin plante Reschny eine exterritoriale<br />

Armee von bis zu 25.000 Mann aufzubauen – scheint der SA-Führer übertriebene<br />

optimistische Vorstellungen von seinem in einem knappen Monat geplanten Überfall<br />

auf Österreich gehegt zu haben. 786 Korn behauptete, Reschny brüste sich damit, den<br />

entscheidenden Schlag gegen die Regierung Dollfuß anlässlich des im September<br />

1933 stattfindenden Katholikentages zu führen: Dann haben wir die ganze schwarze<br />

Brut beisammen <strong>und</strong> wir werden über Leichen gehen, soll Reschny gedroht haben. 787<br />

Der Auftakt hierzu war dem militärischen Leiter <strong>und</strong> Kommandanten des Steirischen<br />

Heimatschutzes, Oberst Polten, übertragen worden. Nach der „Auftaktsaktion“ in<br />

Wien sollte Polten eine „Proklamation an das nationale Volk Österreichs“ erlassen,<br />

worauf „die SA- <strong>und</strong> SS-Verbände Innerösterreichs“ in Aktion treten sollten. Wir,<br />

damit meinte Reschny offenbar den Freikorps, werden dann einmarschieren <strong>und</strong> in<br />

48 St<strong>und</strong>en wird Wien uns gehören. Als erstes sollten alle ins Ausland führenden<br />

Bahnlinien zerstört sowie jene als „Bollwerk“ bezeichneten Gemeindebauten Wiens<br />

„in die Luft“ gesprengt werden. Reschny habe weiters erklärt, dass die Alarmstufe<br />

der B<strong>und</strong>espolizei in Wien in treuester Verbindung mit uns, der NSDAP, ist <strong>und</strong><br />

auch ein Teil des Militärs <strong>und</strong> ihrer Offiziere auf unserer Seite stehen. Im Besitz dieser<br />

Informationen, so Korn, war er zunächst zum österreichischen Generalkonsul nach<br />

München gereist, um dort die vertraulichen Mitteilungen zu deponieren. Nach einem<br />

misslungenen Versuch die verlangten Beweise zu verschaffen, floh er nach Zürich.<br />

Auf Anraten des österreichischen Konsuls fuhr er anschließend nach Bregenz, wo<br />

er am 14. August den Vorarlberger Sicherheitsdirektor aufsuchte.<br />

In seiner Untersuchung der personellen Rivalitäten <strong>und</strong> Mehrgleisigkeiten im<br />

Hintergr<strong>und</strong> des Juli-Putsches vermutet Hans Schafranek, persönliche Antagonismen<br />

hätten zwischen Reschny <strong>und</strong> den späteren Drahtziehern des Juli-Putsches,<br />

Habicht, Rauter, Kammerhofer <strong>und</strong> Meyszner, für gespannte Beziehungen gesorgt.<br />

Jene später aus Machtstreben gebildeten Allianzen wurden schließlich entscheidend<br />

für das Scheitern des Aufstandes. 788 Glaubt man den Angaben Korns, scheint die<br />

herausragende Stellung des Obersten Polten in den Plänen Reschnys tatsächlich<br />

auf einen Bruch zwischen dem SA-Obergruppenführer <strong>und</strong> den zu SA-Führern<br />

mutierten Heimatschutzgranden hinzuweisen. Darüber hinaus behauptete Korn,<br />

786 Laut Korns Angaben waren bis Anfang Juli 1933 6400 Mann „vollkommen militärisch“ ausgebildet<br />

worden.<br />

787 StLA ZGS (BKA) K.81/8 (Fol.269).<br />

788 Schafranek, Sommerfest, S. 224; 20–21. Dies lag möglicherweise in der von jenen Heimatschutzführern<br />

als Affront wahrgenommenen Unterordnung innerhalb der Organisation Reschnys<br />

begründet. Reschny blieben die Putschpläne seiner Kontrahenten verborgen. Er ordnete die<br />

Alarmierung seiner „Legion“ erst nach dem Beginn der Kampfhandlungen am 25.7.1934 an. Zeugenaussagen<br />

zufolge kam der Befehl erst gegen 19 Uhr (S. 156–159).<br />

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