11.09.2012 Aufrufe

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

wie immer geartete Begünstigung oder nachträgliche Gutheissung der Tat, dem<br />

Täter habe zu teil werden lassen. Was bis jetzt vorliegt ist nur: Verantwortungslose<br />

Menschen werfen in der Waasenvorstadt von Leoben einen Sprengkörper,<br />

der bedauerlicherweise Schaden anrichtet. Ich werde zur Ersatzleistung herangezogen.<br />

Weder bin ich Angehöriger der NSDAP bis zu ihrer Auflösung gewesen,<br />

noch habe ich durch mein Verhalten die Voraussetzungen des § 1 der Verordnung<br />

geschafft. Zumindest hat die Behörde nicht die geringsten Erhebungen in dieser<br />

Hinsicht gepflogen.<br />

b) Ebenfalls im Jänner 1934 hatten unbekannte Täter einen Bombenanschlag auf<br />

die Kunstdruckerei <strong>und</strong> Verlagsanstalt „Horst“ verübt. Ein Rechtsanwalt, ein Kaufmann<br />

<strong>und</strong> eine weitere Person, die einen finanziellen Ersatz leisten sollten, beriefen<br />

ebenfalls gegen die Vorschreibung mit der Begründung, die Rechtmäßigkeit des<br />

Bescheides zu bestreiten. Sie gaben übereinstimmend an, „mit den gegenständlichen<br />

Terroraktionen in keinem wie immer gearteten Zusammenhange zu stehen“.<br />

c) In einem weiteren Fall wurden vier Werksangestellte der ÖAMG zu einer Ersatzleistung<br />

von 228 Schilling an den Katholischen Arbeitsb<strong>und</strong> in Donawitz verurteilt.<br />

In den Berufungsausführungen wurde angegeben: Die Berufungswerber polemisieren<br />

gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides, stellen jedoch nicht in Abrede, sich im nationalsoz.<br />

Sinne betätigt zu haben. Einer der Herangezogenen, der leitende Angestellte<br />

<strong>und</strong> gewesene Heimatschutzführer Ing. Renzenberg, sollte beim NS-Putsch in Donawitz<br />

eine führende Rolle spielen. Renzenberg war kein unbeschriebenes Blatt. Im<br />

Oktober 1933 war er bereits einmal wegen „Beteiligung an einer NS-Aktion“ verhaftet<br />

worden. Damals hatte er die firmeninterne Weisung gegeben, die Arbeiter der Donawitzer<br />

Hütte zur Teilnahme an einem bewaffneten Aufstand zusammenzurufen 780<br />

d) Dem Bergbeamten Alfred L. aus Eisenerz wurde vorgeworfen, in der Nacht zum 29.<br />

Jänner 1934 eine Hakenkreuzfahne auf einem Baum gehisst zu haben. Er wurde zu<br />

fünf Schilling Ersatzleistung „für aufgelaufene Kosten durch politische Propaganda“<br />

an die Marktgemeinde Eisenerz verurteilt. In den „besonderen Berufungsausführungen“<br />

ist vermerkt: Berufungsbewerber gibt an, daß er nie Mitglied der NSDAP<br />

gewesen sei. Hingegen habe er seinerzeit beim Steyrischen Heimatschutz die Stelle<br />

eines „Gauwehrkommandanten“ <strong>und</strong> eines „Gauleiters“ bekleidet, welche Funktionen<br />

er jedoch schon Mitte September 1932 – also lange vor dem behördlichen Auflösungsbefehle<br />

– aus privaten Gründen zurücklegte; hievon habe er auch seinerzeit die BH<br />

Leoben in Kenntnis gesetzt.<br />

Alle Unschuldsbeteuerungen waren umsonst. Den Berufungen der Beschwerdeführer<br />

wurde keine Folge gegeben, die erlassenen Ersatzvorschreibungen somit bestätigt.<br />

780 StLA ZGS (BKA) K.82/9 (Fol.15–18): Laut der Behörde soll die Aktion Renzenbergs durch „Bauernunruhen“<br />

in Kärnten, die den Großteil der Exekutivkräfte im Rahmen eines geplanten Staatsstreiches<br />

„ablenken“ sollten, ausgelöst worden sein.<br />

239

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!