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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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Schwerpunkt lag naturgemäß auf Entwicklungen in Deutschland beziehungsweise<br />

auf den Aktivitäten Hitlers <strong>und</strong> seiner NSDAP. Ein weiteres Schwerpunktthema<br />

beider Zeitungen war der Tätigkeit <strong>und</strong> dem Aufstieg der Partei in Österreich<br />

gewidmet. Als Messlatte des Erfolges kann der Annoncenteil in „Der Kampf“<br />

gesehen werden, der innerhalb von zwei Jahren auf drei ganze Seiten anwuchs.<br />

Mit dem Hinweis, wer beim Juden kaufe, sei ein Verräter, wurde die Leserschaft<br />

stets aufgefordert, bei „unseren Inserenten“ zu kaufen. 552 Um eine möglichst breite<br />

propagandistische Wirkung zu erzielen, wurde der Vertrieb des „Kampf“ durch<br />

einen Wettbewerb um neue Abonnenten angekurbelt. 553 Die hektographierten<br />

„Gaunachrichten“, die vom 1. Jänner 1931 bis 30. Mai 1933 herausgegeben wurden,<br />

waren für den parteiinternen Gebrauch bestimmt. Sie enthielten Weisungen der<br />

Parteizentrale bezüglich Organisationsaufbau, Propagandamaßnahmen sowie<br />

Verhaltensmaßregeln zu aktuellen Entwicklungen. Im Hinblick auf das bevorstehende<br />

Verbot der Partei rief Gauleiter Oberhaidacher Ende Mai 1933 ein letztes<br />

Mal zur unbeugsamen Parteitreue auf. 554<br />

4.5.5.2 Versammlungsterror<br />

Meint man unter dem Begriff „politischer Kultur“ auch den Ton des öffentlichen<br />

Diskurses zwischen verschiedenen politischen Gruppierungen, so trug gerade dieser<br />

Austausch zur hasserfüllten Atmosphäre jener Tage bei, die in einer Verrohung des<br />

politischen Miteinanders kulminierte. Auf dieser Ebene provozierte der jeweilige<br />

politische Gegner Rededuelle <strong>und</strong> lärmende Auseinandersetzungen, um die Versammlung<br />

des Kontrahenten zu „sprengen“. Der politische „Feind“ sollte mit dieser<br />

Taktik mürbe gemacht <strong>und</strong> letztendlich politisch „vernichtet“ werden. Kaum eine<br />

politische K<strong>und</strong>gebung verging ohne die Inszenierung irgendwelcher Reibereien<br />

durch Gesinnungsgegner, die in Handgreiflichkeiten mit Personen- <strong>und</strong> Sachschaden<br />

endeten. So auch in der obersteirischen Industrieregion, wo radikale Tendenzen auch<br />

durch den spezifischen gesellschaftlichen Mix aus Proletariat <strong>und</strong> Bürgertum aufgeschaukelt<br />

wurden. Im November 1927 beispielsweise gerieten sich eine von Gustav<br />

Wegerer angeführte Gruppe von etwa 30 Kommunisten <strong>und</strong> geschätzte 150 aus der<br />

Umgebung zusammengekommene Nationalsozialisten bei einer von Franz Spätauf<br />

einberufenen Versammlung in der Leobener Sängerhalle kräftig in die Haare. Für<br />

gewöhnlich wurden eigene Kampftruppen als Parteiordner in <strong>und</strong> um die Versammlungsorte<br />

aufgestellt, um Störaktionen vorzubeugen. Die SA-Ordner sollten den Saal<br />

bereits vor dem Einlass besetzen <strong>und</strong> mögliche Unruhestifter stets im Visier halten,<br />

um „sofort wirksam eingreifen zu können“. 555 Als nach einer Weile die kommunistischen<br />

„Gäste“ die Ausführungen des Redners durch wiederholte Zwischenrufe zu<br />

552 Der Kampf (17.6.1933) S. 6.<br />

553 Aschacher, Presse, S. 190–196.<br />

554 An alle NSDAP-Dienststellen im Gau Steiermark. In: Steirische Gaunachrichten der NSDAP<br />

(30.5.1933) S. 1.<br />

555 Versammlungsschutz. In: Steirische Gaunachrichten der NSDAP (16.11.1931).<br />

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