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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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Behörden mit Argusaugen überwacht. Das bei Polanski sowie im Sekretariat der<br />

KPÖ in Leoben konfiszierte Material legt hierfür beredtes Zeugnis ab. Als besonders<br />

grotesk müssen die Eifersüchteleien der ideologischen Bruderparteien, der<br />

KPÖ <strong>und</strong> SDAPÖ, im Angesicht des gemeinsamen Feindes, des „Betriebsfaschismus“<br />

der ÖAMG, erscheinen. Ein Beispiel für die Agitation der KPÖ unter den<br />

Betriebsarbeitern <strong>und</strong> den Arbeitslosen gegen das „Lohndiktat“ der ÖAMG bieten<br />

die Demonstrationen des Internationalen Kampftages am 25. Februar 1931, die in<br />

Leoben, Judenburg <strong>und</strong> Eisenerz veranstaltet wurden. Polanski hatte die Berichte<br />

unter dem Titel „Machtvolle Demonstrationen trotz Verbot, Bajonettangriffe <strong>und</strong><br />

Säbelattacken. Viele Verletzte <strong>und</strong> Verhaftete“ als Pressebulletins verfasst. Schon im<br />

Vorfeld hatten revolutionäre Arbeitslosenkomitees trotz des behördlichen Verbotes<br />

beschlossen, auf jeden Fall für „Arbeit <strong>und</strong> Brot“ zu demonstrieren. Laut Polanski<br />

hatte die Behörde nur unter dem Druck der kommunistischen Forderungen eine<br />

allgemeine Sammlung des Arbeitslosenkomitees zugunsten Arbeitsloser <strong>und</strong> deren<br />

Kinder bewilligt. Die Gemeinde Leoben habe sich anschließend bereit erklärt, Heizmaterial<br />

<strong>und</strong> Nahrungsmittel zu spenden, sowie eine Ausspeisung für die Ausgesteuerten<br />

einzurichten, in der Hoffnung, die angekündigten Demonstrationen zu<br />

verhindern. Entsprechend triumphierend wird daher vom „wuchtigen“ Demonstrationszug<br />

mehrerer tausend Arbeiter <strong>und</strong> Arbeitslose, der dem „massenhaften“ Polizeiaufgebot<br />

mutig <strong>und</strong> entschlossen entgegentrat, berichtet. Mit Parolen wie „Arbeit<br />

<strong>und</strong> Brot, den Faschisten den Tod“, „Nieder mit der Hungerregierung <strong>und</strong> mit den<br />

sozialdemokratischen Verrätern“ waren die Demonstranten zur Arbeiterkammer<br />

marschiert, wo die Sozialdemokraten „höhnend aus den Fenstern schauten“. Die<br />

Genossen Leeb <strong>und</strong> Hnup, die Ansprachen gehalten hatten <strong>und</strong> verhaftet wurden,<br />

konnten durch Androhung von <strong>Gewalt</strong> befreit werden. Am niederträchtigsten hätten<br />

sich hierbei die sozialdemokratischen Bonzen verhalten, klagt Polanski. Anstatt<br />

die Bruderhand helfend zu ergreifen, hatte Nationalrat Hartmann den Verhafteten<br />

zugerufen: Wir werden euch Kommunisten schon noch helfen! <strong>und</strong> der Redakteur<br />

des „Arbeiterwillen“ habe sogar gesagt: Ihr Kommunisten könnt nur die Arbeiter<br />

aufhetzen. Was habts jetzt davon. Daraufhin hätten viele sozialdemokratische<br />

Arbeiter ihren „Arbeitervertretern“ voller Abscheu den Rücken gekehrt <strong>und</strong> waren<br />

der KPÖ beigetreten.<br />

Als es dann auf dem Leobener Hauptplatz zu einem weiteren Tumult kam, in<br />

dessen Verlauf ein Polizeibeamter in eine Auslage geschleudert wurde, schritt die<br />

Gendarmerie mit gefälltem Bajonett, die Polizei mit gezogenem Säbel gegen die<br />

Demonstranten ein. Hierbei sollen viele Arbeiter <strong>und</strong> auch Frauen verletzt worden<br />

sein. Trotz der „unerhörten Brutalität“ dieser „Stützen der faschistischen Diktatur“<br />

waren die Demonstranten weiter nach Donawitz marschiert, wo sie Parolen<br />

wie „Nieder mit dem Alpine-Terror“ skandierten. Die Zeit werde einmal kommen,<br />

droht Polanski, wo die Arbeiterschaft über die „Alpine-<strong>Gewalt</strong>igen“, die aus Angst<br />

einen Gendarmeriekordon um das Donawitzer Werkshotel ziehen ließen, Gericht<br />

halten würde. Bis in die Abendst<strong>und</strong>en hatte die Schlacht gedauert, waren zahlreiche<br />

demonstrierende Männer <strong>und</strong> Frauen sowie KPÖ-nahe Angehörige, unter anderem<br />

auch Genossin Durstmüller, verhaftet worden. Die Arbeitslosen-Demonstration der

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