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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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der Grazer Polizeidirektion vom August 1931 als „bekannter Führer der kommunistischen<br />

Organisation des Industriegebietes Leoben-Donawitz-Leitendorf-Niklasdorf“<br />

auf, das einen geschätzten Mitgliederstand von etwa 500 Personen aufwies<br />

<strong>und</strong> zusammen mit Fohnsdorf das stärkste Zentrum der KPÖ in der Mur-Mürz-<br />

Furche bildete. Leeb wird als gewissenloser Agitator bezeichnet, der zuvor nicht<br />

gewaltbereite Kommunisten aus Fohnsdorf <strong>und</strong> Judenburg „zu Ausschreitungen<br />

gegen die Ordnungsmacht“ verhetzte. 267 Laut einer Mitteilung der Gendarmerie<br />

Ende 1931 war Friedrich Lauscher ausersehen worden, das Leobener Parteisekretariat<br />

„vorläufig“ von Leeb zu übernehmen. 268 Kurz nach Amtsantritt wurde Lauscher<br />

jedoch verhaftet <strong>und</strong> in das Kreisgericht Leoben überstellt. 269 Wann Karl Durstmüller<br />

270 das Sekretariat von Lauscher übernommen hat <strong>und</strong> ob er es bis zu seiner<br />

Schließung Anfang Mai 1933 weiterführte, geht aus den Quellen nicht eindeutig<br />

hervor, ist jedoch wahrscheinlich. Nach den Gemeinderatswahlen im April 1932 zog<br />

Durstmüller als einziger Kommunist in den Leobener Gemeinderat, wurde jedoch<br />

im September desselben Jahres bereits von seinem Ersatzmann Preßl vertreten. 271<br />

Laut Wahrnehmungsbericht des LGK für Oktober 1933 wurde bei Durstmüller, der<br />

als „kommunistischer Sekretär“ bezeichnet wird, verdächtiges Material gef<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> beschlagnahmt. 272 Durstmüller sollte zusammen mit Johann Mastnak 273 in das<br />

Anhaltelager Wöllersdorf gebracht werden. In einem Flugzettel der KPÖ wird seine<br />

Freilassung gefordert: „Bildet die rote Einheitsfront! Fordert die sofortige Freilassung<br />

der Genossen Mastnak <strong>und</strong> Durstmüller <strong>und</strong> aller eingekerkerten Antifaschisten.“ 274<br />

Im Februar 1934 war Durstmüller sicher (wieder) auf freiem Fuß: Er wurde verdächtigt,<br />

den „Massenbesuch“ des Grabes von Koloman Wallisch organisiert zu haben<br />

<strong>und</strong> das Grab mit Schleifen mit Aufschriften wie „Dein Weg war falsch, aber Dein<br />

Blut rächen wir“ geschmückt zu haben. 275 Andere prominente Kommunisten im<br />

Bezirk, wie die Genossen Lauscher, Vasold, Mastnak, Pichler, Ranner <strong>und</strong> Polanski 276<br />

betätigten sich vorwiegend als Redner bei Aufmärschen <strong>und</strong> Versammlungen <strong>und</strong><br />

267 StLA ZGS (BKA) K.77/4 (Fol.48–51).<br />

268 StLA ZGS (BKA) K.78/5 (Fol.119) GPK Bruck and LGK Steiermark am 14.12.1931.<br />

269 Chronik des BGK Leoben, 19.1.1932.<br />

270 Karl Durstmüller (laut Strafakt): geb. 22.1.1889 in Linz, verheiratet, konfessionslos, Volks- <strong>und</strong><br />

Bürgerschulbildung, Zimmermann, 21mal vorbestraft: Reinhard Gruber, „Strafprozesse am<br />

Kreisgericht Leoben von 1933 bis 1938“ (Diss., Graz 2002) S. 196.<br />

271 Wahlergebnisse im Bezirk Leoben. In: Obersteirische Volkszeitung (26.4.1932) S. 2; Sitzung des<br />

Leobener Gemeinderates. In: Leobener Zeitung (2.10.1932) S. 3.<br />

272 StLA ZGS (BKA) K.83/10 (Fol.865–867).<br />

273 Reinhard Gruber, „Strafprozesse am Kreisgericht Leoben von 1933 bis 1938“ (Diss., Graz 2002)<br />

S. 160: Laut Strafsache (8 Vr 641/33) des Kreisgerichtes Leoben war der in Cilli (Celje) am 12.12.1904<br />

geborene Mastnak ledig, konfessionslos, arbeitslos <strong>und</strong> vorbestraft. Im Jahr 1933 erschienen einige<br />

Ausgaben der Zeitschrift „Der Scheinwerfer“ in Leoben. Mastnak wurde beschuldigt, Artikel in<br />

der Aprilnummer abgedruckt zu haben, die unwahre Äußerungen, Schmähungen <strong>und</strong> Herabwürdigungen<br />

der Regierung enthielten.<br />

274 StLA ZGS (BKA) K.83/10 (Fol.1242).<br />

275 StLA ZGS (BKA) K.89/16 (Fol.1724–1728).<br />

276 Ing. Polanski hatte als Redakteur <strong>und</strong> Agitator für die KPÖ in Leoben gearbeitet. Er galt bei der<br />

Behörde als „gewissenloser <strong>und</strong> von der russischen Staatsbank gut bezahlter Agitator“. Anlässlich<br />

einer in seiner Wohnung <strong>und</strong> im Parteisekretariat am 28.5.1932 durchgeführten Razzia, fielen den

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