11.09.2012 Aufrufe

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

im Frühjahr 1932 zu erheblichen Spannungen innerhalb der Partei gekommen: Die<br />

Jungsozialisten <strong>und</strong> der Republikanische Schutzb<strong>und</strong> („Resch“) in Leoben machten<br />

maßgebliche Vertreter der Partei, Nationalrat Hartmann <strong>und</strong> den Leobener Arbeitersekretär<br />

Schlager, für die „Wahlschlappe“ der SDAP bei den Gemeinderatswahlen<br />

im April 1932 verantwortlich. 228 Sie seien „zu gemäßigt“ <strong>und</strong> „in jeder Hinsicht<br />

Bremser“ der revolutionären Bestrebungen. Die radikalen Wortführer verlangten<br />

die Absetzung der genannten Arbeitervertreter <strong>und</strong> ihre Unterstellung unter Koloman<br />

Wallisch. Doch auch dieser blieb nicht von scharfer Kritik verschont. Bei einer<br />

Mitgliederbesprechung des Schutzb<strong>und</strong>es soll Wallisch von Unzufriedenen, die sich<br />

nicht länger „an der Nase herumführen“ lassen wollten, ausgepfiffen <strong>und</strong> zum Auszug<br />

gezwungen worden sein. Dies sei das Ergebnis einer Intrige des Brucker Arbeitersekretärs<br />

<strong>und</strong> Schutzb<strong>und</strong>kommandanten Hermann Lackner, so der Konfident, der<br />

auch unter der Jugend „Propaganda“ gegen Wallisch mache, um ihn zu „verdrängen“<br />

<strong>und</strong> sich selbst an seine Stelle als Bezirkssekretär zu setzen. Um den Konflikt<br />

zu beenden, habe die Parteileitung Wallisch die Stelle als Landesparteisekretär in<br />

Aussicht gestellt, <strong>und</strong> dieser sei nicht abgeneigt, hieß es, die Berufung nach Graz<br />

anzunehmen. 229 In den Erinnerungen Lackners ist jedoch nirgends von irgendwelchen<br />

Reibereien mit Wallisch, sondern lediglich von den positiven Aspekten der<br />

Zusammenarbeit die Rede. Fest steht, dass Lackner das ab November 1933 vakant<br />

gewordene Brucker Bezirkssekretariat von seinem vermeintlichen Kontrahenten<br />

Wallisch übernahm. 230<br />

In ihren in den Jahren 1932 <strong>und</strong> 1933 gemachten „Wahrnehmungen“ berichtet<br />

die steiermärkische Landesbehörde laufend von massiven Aufrüstungen des<br />

Republikanischen Schutzb<strong>und</strong>es, dessen Organisation <strong>und</strong> Ausstattung der aktuellen<br />

Situation angepasst werden sollten. Nach dem gescheiterten Heimatschutz-<br />

Putsch vom September 1931 bereitete sich der „Resch“ auf die akute Gefahr eines<br />

neuerlichen gegnerischen Schlages vor. 231 Das aus Wien gelieferte <strong>und</strong> von der<br />

228 Bericht des Landesparteivorstandes der Sozialdemokratischen Partei Steiermarks an den Landesparteitag<br />

für das Jahr 1932 (Graz 1933) S. 13–14: Von 5144 Mandaten in 470 Gemeinden (in den<br />

übrigen 548 wurde ein gemeinsamer Wahlvorschlag überreicht) gewann die SDAP 1348, d. i. ein<br />

Verlust von 58 Mandaten gegenüber 1928. Hingegen konnte die SDAP die von ihr besetzten Bürgermeisterposten<br />

von 72 auf 74 erhöhen. Die Sozialdemokraten beschuldigten die Kommunisten,<br />

ihre 21 Mandate auf Kosten der Arbeiterklasse, als „Helfershelfer der Bürgerlichen“, gewonnen zu<br />

haben.<br />

229 StLA L.Reg. Gr.384: Schu 2 (1932).<br />

230 Koloman Wallisch, 50 Jahre „12. Februar 1934“. Zur Erinnerung an die Ereignisse des Februar<br />

1934 im Bezirk Bruck/Mur, hrsg. SPÖ Bezirksorganisation Bruck/Mur (Bruck/Mur 1984) S. 20–22;<br />

70–73.<br />

231 Bei einem Treffen der Heimatschutzführer in Leoben sollen bereits im Oktober 1931 konkrete Pläne<br />

für einen zweiten Putsch geschmiedet worden sein. Ende November ließ B<strong>und</strong>esführer Starhemberg<br />

privat durchblicken, „er bereite mit einigen B<strong>und</strong>esheergenerälen einen neuen Putsch<br />

vor, um eine reine Heimwehrregierung zu etablieren“; siehe: Pauley, Hahnenschwanz, S. 132; 135.<br />

Anfang April 1933 behauptete ein Vertrauensmann der Gendarmerie aus Leoben, der Schutzb<strong>und</strong><br />

habe konkrete Nachricht erhalten, dass Starhemberg einen Plan habe, Wien <strong>und</strong> die Provinz<br />

gleichzeitig zu erobern. Mit seinem Angriff würde Starhemberg der B<strong>und</strong>esleitung des „Resch“<br />

den größten Gefallen tun, denn sie sei fest davon überzeugt, dass Starhemberg in Wien scheitern<br />

<strong>und</strong> somit seinen Untergang selbst herbeiführen werde: StLA L.Reg. Gr.384: Schu 2 (1932).<br />

87

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!