11.09.2012 Aufrufe

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Industrieorten ist es bereits Tatsache geworden, daß unsere Organisation keine<br />

Arbeiter mehr unterzubringen vermag, wenn sie nicht der Heimwehr angehören.<br />

(…) Das Bestreben ist offensichtlich, die christlichen Arbeiterorganisationen<br />

genau so umzubringen, wie man es bei den Sozialdemokraten versucht. 353<br />

Ende Oktober 1929 fand unter dem Vorsitz des Bezirkssekretärs Leskovar im Vereinshaus<br />

in Donawitz eine Bezirksobmannkonferenz der christlichen Gewerkschaften<br />

statt. In der dort gefassten Resolution wurde die den Staat bejahende Einstellung<br />

der christlichen Gewerkschaftsbewegung einhellig betont <strong>und</strong> eine Verfassungsreform<br />

zur Stärkung des B<strong>und</strong>espräsidenten beziehungsweise zur Unterstützung eines<br />

ruhigen Verlaufes der Gesetzgebung nur unter der Bedingung akzeptiert, dass „an<br />

den demokratischen Gr<strong>und</strong>festen unserer Republik“ nicht gerüttelt werde. Um die<br />

dringendsten sozialen Forderungen durchzusetzen, sei es unabdingbar, dass die<br />

christlich gesinnte Arbeiterschaft sich in der christlichen Gewerkschaftsbewegung<br />

organisiere <strong>und</strong> auf die „neuzeitliche Schlagwortpolitik“, komme sie von links oder<br />

rechts, nicht zu achten: Die neue Gefahr der Gelben 354 ist bei uns bereits zur Hemmung<br />

auf wirtschaftlichem <strong>und</strong> sozialpolitischem Gebiete geworden. Die Fragen der Arbeiterschaft<br />

werden nicht mit Schlagwortpolitik, sie können nur mit reinster sachlicher<br />

Arbeit gelöst werden, lautete der Tenor der Resolution. 355 Trotz der abwehrenden<br />

Haltung der christlichen Gewerkschafter erschien es da <strong>und</strong> dort dennoch opportun,<br />

die „antimarxistische“ Konkurrenz zu unterstützen, um die erdrückende Mehrheit<br />

der sozialistischen freien Gewerkschaften zu brechen. Nach einem Streit zwischen<br />

Vertretern der „verbündeten“ Gewerkschaften im Kohlenrevier Seegraben bei Leoben<br />

eskalierten die Feindseligkeiten im Februar 1930, als die christlichen Bergarbeitergewerkschafter<br />

die Exekutive zum Schutz ihrer Versammlung wegen einer von der UG<br />

angedrohten massiven Störung herbeirufen mussten. Mit Genugtuung vermerkte die<br />

„Alpinepost“, selbst den CS-Gewerkschaftern, die nun die Zeche für ihre anfängliche<br />

gegen die freie Gewerkschaft gerichtete Packelei mit der UG bezahlen müssten,<br />

„ekele“ es vor den Machenschaften der Vertreter der UG in Seegraben. 356<br />

4.3.6 Milieugeschichtliches im Leobener Industriegebiet<br />

Wie obige Zahlen beweisen, hatte die CSP eine Minderheit an Anhängerschaft im<br />

Bezirk, die sie gegen die übermächtige Stellung der SDAP kaum ausbauen konnte. In<br />

Gemeinden mit starker sozialdemokratischer Fraktion wie in Leoben gelang es der<br />

353 Christliche Gewerkschaften, Heimatschutz <strong>und</strong> Mietenfrage. In: Leobener Zeitung (12.4.1928)<br />

S. 1.<br />

354 Die so genannten unternehmergelenkten Gewerkschaften, wie die im Bereich der ÖAMG gegründete<br />

Unabhängige Gewerkschaft.<br />

355 Bezirks-Vertrauensmännerkonferenz der christlichen Gewerkschaften in Donawitz. In: Leobener<br />

Zeitung (10.11.1929) S. 6.<br />

356 Eine christlichsoz. Bergarbeiterversammlung unter Gendarmeriedeckung. In: Die neue freie Alpinepost<br />

(21.2.1930) S. 11.<br />

125

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!