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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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wog, war Pfrimers ideologische Kehrtwendung, sein Bruch mit dem revolutionären<br />

Gr<strong>und</strong>satz der Bewegung:<br />

Dr. Pfrimer war stets der radikalste Verfechter des illegalen revolutionären Heimatschutzes.<br />

Durch die Unterstellung unter Adolf Hitler bekennt sich Dr. Pfrimer<br />

zur Legalitätsformel <strong>und</strong> ist nunmehr der Meinung, mit dem Stimmzettel die<br />

Macht im Staate zu erobern. (…) Kein steirischer Heimatschützer wird verstehen,<br />

wenn Dr. Pfrimer trotz des Austrittes aus dem St. Heimatschutz nunmehr die<br />

Feile an den St. Heimatschutz setzt. (…) Die NSDAP ihrerseits provoziert mit Dr.<br />

Pfrimers Austritt in schwerer Weise den Heimatschutz, was besonders in Graz<br />

zu schweren, tätlichen Auseinandersetzungen geführt hat. 405<br />

Was kann Pfrimer bewogen haben, sein Lebenswerk durch einen solchen radikalen<br />

Schritt zu zerstören? Dem R<strong>und</strong>schreiben zufolge hatte der Ehrenführer trotz<br />

wiederholter Einladung keine Landesleiterversammlung mehr besucht. Das ist ein<br />

Hinweis darauf, dass Pfrimers Entschluss schon lange feststand. Es liegt auf der Hand,<br />

dass Resignation, Erbitterung <strong>und</strong> auch gekränkte Eitelkeit Pfrimers Überlegungen<br />

beherrscht haben, zumal sein großes Vorhaben, in Österreich die Macht zu ergreifen,<br />

mehrmals gescheitert war. Seit dem missglückten Putsch hatte er das Heft an andere<br />

abgeben müssen, was einer persönlichen Niederlage gleichkam. Zur politischen Ohnmacht<br />

verurteilt vermeinte der einst mächtige Führer <strong>und</strong> Schrittmacher der österreichischen<br />

Innenpolitik sein Heil nun bei Adolf Hitler zu finden. Pfrimer war von der<br />

Idee des einigen deutschen Volkstums geradezu beseelt <strong>und</strong> ein überzeugter Vertreter<br />

des „Anschlusses“. Möglicherweise zweifelte er auch an die Lebensfähigkeit der nun<br />

bankrotten Organisation, so dass der Vergleich mit der Ratte, die das sinkende Schiff<br />

verlässt, nicht unbegründet erscheint. Pfrimer selbst gab als Begründung an, sich<br />

„am Verrat der Heimatschutzidee nicht mitschuldig“ machen zu wollen; der einst so<br />

mächtige Kampftrupp stehe auf Gr<strong>und</strong> einer „schwankenden <strong>und</strong> ziellosen“ Führung<br />

seit September 1931 vor dem „inneren <strong>und</strong> äußeren Zerfall“. 406<br />

Einem Bericht der Grazer B<strong>und</strong>espolizeidirektion zufolge war Pfrimer mit Hitler<br />

<strong>und</strong> dessen Stabschef Ernst Röhm gegen Ende Mai 1932 zusammengetroffen<br />

um Einzelheiten der neuen Organisation zu besprechen. Anfang Juni wurden die<br />

Verhandlungen mit dem Abgesandten Hitlers, Gruppenführer General von Hörauf,<br />

in Judenburg fortgesetzt. Am 9. Juni sollte Hörauf gemeinsam mit dem Landesgeschäftsführer<br />

der NSDAP, Theo Habicht, in München über den Deutschen<br />

Heimatschutzverband berichten. Pfrimer erklärte, er sei optimistisch, bald über<br />

eine entsprechende Anhängerschaft <strong>und</strong> große Geldmittel verfügen zu können. Laut<br />

Polizeibericht hatten sich Teile der Aristokratie ihm bereits unterstellt, „soweit sie<br />

nicht schon Anhänger der NSDAP geworden sind“. In einer Pressemitteilung erklärte<br />

Pfrimer dazu:<br />

405 StLA ZGS K.208 Heimwehr 1918–1935 „R<strong>und</strong>schreiben Nr.1/32 d. Heimatschutzverbandes Steiermark“.<br />

406 Dr. Pfrimer aus dem Heimatschutz ausgetreten. In: Obersteirerblatt (18.05.1932) S. 1.<br />

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