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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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um „mit Peitsche <strong>und</strong> Zuckerbrot“ die Arbeiterschaft dem Konzern willfährig<br />

zu machen. Auch habe die Alpine dem Industriellen-Verband jährlich r<strong>und</strong> 600<br />

Millionen Schilling zur Unterstützung des „Heimwehr-Faschismus“, zur Unterminierung<br />

des Klassenbewusstseins der Arbeiter, zur Verfügung gestellt. 319<br />

• Als Reaktion auf die offizielle von der ÖAMG ab 1926 herausgegebene Werkszeitung,<br />

aber auch auf das kommunistische Blatt „Der Alpine Sklave“ brachten<br />

die Sozialdemokraten Ende 1928 die Betriebszeitung „Alpinepost“ heraus. Ihr<br />

Widerstand richtete sich hauptsächlich gegen die Agitation der Heimwehrbewegung<br />

<strong>und</strong> der UG in den Betrieben der ÖAMG, deren Vertreter mit beißendem<br />

Spott übergossen wurden. Die „Alpinepost“ fungierte nicht nur als „Aufdeckerin“<br />

betrieblicher Missstände, sondern unterhielt ihre Leserschaft mit politischen<br />

Reportagen <strong>und</strong> meist pathetischen Kurzgeschichten. Für die Kolporteure geriet<br />

die Verteilung der von der Betriebsleitung verhassten Zeitungen zum regelrechten<br />

Spießrutenlauf. Auf frischer Tat ertappt zu werden bedeutete die fristlose Entlassung<br />

wegen „Aufhetzung“ der Arbeiterschaft gegen die Betriebsleitung. Die<br />

Zeitung wurde letztendlich auf Gr<strong>und</strong> der Niederlage der freien Gewerkschaft<br />

bei den Betriebsratswahlen 1930 eingestellt. 320<br />

Der obersteirische Industriebezirk mit seinem starken Bevölkerungsanteil an Industriearbeiterschaft<br />

bot einen scheinbar idealen Boden für die revolutionären Bestrebungen<br />

der KPÖ. Aber der Schein trog. Die Wahlergebnisse beweisen, dass es der<br />

SDAPÖ großteils gelungen war, das politische Potenzial der Arbeiterschaft langfristig<br />

zu binden. Dennoch deuten die späteren Erfolge, wenn auch in bescheidenem Rahmen,<br />

darauf hin, dass die Agitation der obersteirischen Kommunisten mancherorts<br />

auf fruchtbaren Boden gefallen war. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass<br />

der scharfe Generationsbruch innerhalb der steirischen SDAP zu einem Abdriften<br />

der radikaleren Anhänger zugunsten der KPÖ geführt hat. Zu einer Zusammenarbeit<br />

der beiden Parteien war es auf Gr<strong>und</strong> der radikalen Forderungen der KPÖ dann<br />

doch nicht gekommen. 321<br />

4.3 Die Christlichsoziale Partei (CSP)<br />

Die Wurzeln der Christlichsozialen Bewegung reichen bis in die 1880er Jahre zurück,<br />

als der Versuch unternommen wurde, den vom Großkapital bedrohten kleineren<br />

Gewerbetreibenden <strong>und</strong> Kaufleuten in Wien eine politische Stimme zu verleihen.<br />

Nach dem Börsenkrach 1873 ging die Ära des Liberalismus in Österreich allmählich<br />

zu Ende. Die ab 1876 in der österreichischen Reichshälfte (Cisleithanien) beschlossenen<br />

Wahlreformen dehnten das Wahlrecht auf immer breitere Bevölkerungskreise<br />

aus; dadurch wurde die Stimme des „kleinen Mannes“ zum entscheidenden Faktor<br />

319 StLA BH Leoben Gr.14: K.16 (Der Alpine Sklave/Nr.2 Febr.1928): Die genannte Summe dürfte zu<br />

hoch gegriffen sein.<br />

320 Hwaletz, Bergmann, S. 41–44.<br />

321 Steiner, KPÖ, S. 81–85.<br />

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