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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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240<br />

Im November 1934 musste der Sicherheitsdirektor für Steiermark dem B<strong>und</strong>eskanzleramt<br />

schließlich berichten, dass die Zahl der gemeldeten Schadensfälle so<br />

weit gestiegen war, dass „an eine ordnungsmässige Durchführung dieser Agenden<br />

nicht zu denken ist“. Zu den Ersatzforderungen für Schäden aus Terrorakten kamen<br />

nun jene, die von den Kampfhandlungen der „Revolutionen im Februar <strong>und</strong> Juli“<br />

herrührten. Zusammen mit den Kosten für Sicherheitsmaßnahmen <strong>und</strong> Verpflegung<br />

in Wöllersdorf war ein Gesamtschaden von mehr als 900.000 Schilling entstanden.<br />

Trotz der Heranziehung „zahlungskräftiger“ Personen waren die Geldquellen langsam<br />

versiegt, konnte diese Summe von der steirischen Bevölkerung nicht aufgebracht<br />

werden. Insbesondere, vermerkte der Sicherheitsdirektor, hatte die Praxis bei der<br />

Hereinbringung der „Verpflegskosten“ für die Angehaltenen ergeben, dass diese oder<br />

deren Familien zu 95 Prozent zahlungsunfähig seien: (Es ist) eine Aktenarbeit, die in<br />

keinem Zusammenhange mit dem Ergebnis gebracht werden kann. Der hiezu unbedingt<br />

aufzuwendende Apparat verteuert die Kosten neuerlich <strong>und</strong> muss als unrentabel<br />

bezeichnet werden, so Zelburg. 781<br />

5.3.8 Vorbereitungen zum Staatsstreich<br />

Als sich Karl Korn 782 am 14. August 1933 den Behörden in Bregenz stellte, hatte er<br />

eine abenteuerliche Reise hinter sich. Korn gab der Behörde zu Protokoll, er sei auf<br />

Gr<strong>und</strong> einer Straftat 783 bereits Ende April von Graz aus nach München geflohen, wo<br />

er sich bei SA-Obergruppenführer Reschny 784 , dem Kommandanten der im Lager<br />

Lechfeld bei Augsburg stationierten „Österreichischen Legion“, im Hotel „Reichsadler“<br />

gemeldet habe. Nach einer gründlichen militärischen Ausbildung in Dachau<br />

<strong>und</strong> im Lager Lechfeld sei er von Reschny höchstpersönlich in die Stabswache mit<br />

dem Auftrag berufen worden, die Stabsleitung unter Einsatz des eigenen Lebens zu<br />

bewachen <strong>und</strong> alle verdächtigen Vorkommnisse im Lager zu melden. Korn habe<br />

bereits Ende Juni in Erfahrung gebracht, dass sich zwei der Kremser Attentäter 785 ,<br />

Scheibenpflug <strong>und</strong> Weichselbaum, im Lager Lechfeld aufhielten; Adolf Weichselbaum<br />

781 StLA ZGS (BKA) K.88/15 (Fol.12–15).<br />

782 StLA ZGS (BKA) K.81/8 (Fol. 253–271) Karl Korn [geb. 1903 in Oberlohma (Horní Lomany); Heimatrecht<br />

in Bregenz, Anm.] lieferte viel Insider-Wissen über Aufbau <strong>und</strong> Ausbildung der Organisation<br />

sowie Details über Führungspersonen <strong>und</strong> deren Eroberungspläne, das sich partiell mit den<br />

Informationen der Staatspolizei deckte <strong>und</strong> für plausibel bef<strong>und</strong>en wurde. Korn, der vom Sicherheitsdirektor<br />

als „gefährliches Individuum“ bezeichnet wurde, konnte für seine Behauptungen<br />

jedoch keine schriftlichen Beweise erbringen.<br />

783 StLA L.Reg. Gr.384: Na 14 (1933): Laut einer behördlichen Mitteilung hatte sich Karl Korn als<br />

NS-Agitator <strong>und</strong> Waffenschieber im Bezirk Leibnitz betätigt; außerdem war er wegen Eigentumsdelikten<br />

mehrmals vorbestraft <strong>und</strong> sollte behördlich „abgeschafft“ d.h. in seine Heimatgemeinde<br />

abgeschoben werden.<br />

784 Hermann Reschny geb.1898 in Stammersdorf bei Wien, gest. 1971 in Graz: AEIOU Österreich-<br />

Lexikon http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.r/r524221.htm, 18.12.2009.<br />

785 Der in Krems/OÖ auf einen Zug der als Hilfspolizisten beschäftigten christlich-deutschen Turner<br />

verübte blutige Handgranatenüberfall bildete den Anlass für das Verbot der NSDAP am 19. Juni<br />

1933.

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