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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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262<br />

war der Auftakt des bewaffneten Aufstandes in Bruck a. M. Die in die Kaserne<br />

eingedrungenen Schutzbündler wurden von der Kasernbesatzung unter Feuer<br />

genommen <strong>und</strong> mussten den Rückzug antreten. Der Anführer Lienhard [recte<br />

Linhart, Anm.] jedoch blieb tot am Platze liegen. Die übrigen schwer <strong>und</strong> leichtverletzten<br />

Banditen wurden von ihren Genossen in Sicherheit gebracht. Die<br />

Burgkaserne wurde von allen möglichen Seiten <strong>und</strong> Richtungen unter heftiges<br />

MG <strong>und</strong> Gewehrfeuer genommen <strong>und</strong> solcherart vollständig blockiert. Über die<br />

hintere Kasernhofmauer wurden zahlreiche Handgranaten (Schmierbüchsen)<br />

geworfen. 863<br />

Auch in der benachbarten Stadt Kapfenberg war es zu heftigen Straßenkämpfen<br />

gekommen, jedoch zu keinem durchschlagenden Erfolg für den Schutzb<strong>und</strong>. Weder<br />

folgten die Belegschaften der Böhlerwerke <strong>und</strong> der meisten anderen Betriebe dem<br />

Streikaufruf, noch gelang es den Aufständischen, die örtliche Gendarmeriekaserne<br />

zu stürmen. Wie ihre Kameraden in Bruck mussten auch die Kapfenberger Schutzbündler<br />

schließlich die Waffen strecken <strong>und</strong> das Weite suchen. 864 In Leoben kam es<br />

erst gegen Abend zu ersten Feuergefechten auf der Murbrücke zwischen Leitendorf<br />

<strong>und</strong> Göß, wohin die Exekutivkräfte offenbar aus der Stadt gelockt werden sollten.<br />

Auf dem Areal des Stiftes Göß, wo sich ein Waffendepot befand, hatte der Schutzb<strong>und</strong><br />

einen Sammelplatz eingerichtet. Der Operationsplan des Schutzb<strong>und</strong>es sah<br />

vor, die Gendarmerieposten der umliegenden Ortschaften zuerst einzunehmen, um<br />

dann vom nahegelegenen Massenberg die Stadt Leoben zu erobern. Als der Leobener<br />

Gendarmeriekommandant Pauschitz von dem Schicksal der Brucker Kollegen<br />

erfuhr, setzte er sofort alle Hebel in Bewegung, um Verstärkung herbeizuschaffen.<br />

In Kürze traf eine Schutzkorpsformation von 150 Mann in Leoben ein. Gegen Abend<br />

des 12. Februar 1934 hatte der Schutzb<strong>und</strong> die strategisch wichtigsten Punkte r<strong>und</strong><br />

um Leoben wie den Massenberg <strong>und</strong> den Veitsberg besetzt. In den umliegenden<br />

Orten Donawitz, Niklasdorf, St. Peter <strong>und</strong> Trofaiach flammten Kämpfe auf. Es<br />

gelang den Schutzbündlern dennoch nicht, die Stadt einzunehmen, weil jene auswärtigen<br />

Gendarmeriebeamten den Befehl erhielten, ihre Posten abzuschließen <strong>und</strong><br />

den Rückzug nach Leoben anzutreten. Bei Feuergefechten in Göß, St. Michael <strong>und</strong><br />

St. Peter-Freienstein kamen zwei Gendarmen, sechs Schutzkorpsmänner <strong>und</strong> zwei<br />

Schutzbündler ums Leben; zahlreiche Menschen auf beiden Seiten wurden außerdem<br />

schwer verw<strong>und</strong>et. 865 Während es in der Stadt Judenburg selbst zu keinerlei Kampfhandlungen<br />

gekommen war, wurden bei Feuerüberfällen auf Gendarmerieposten<br />

<strong>und</strong> Patrouillen in Zeltweg, Fohnsdorf <strong>und</strong> Knittelfeld mehrere Menschen schwer<br />

verletzt. 866 Spätestens am 14. Februar war der Verzweiflungskampf des Schutzb<strong>und</strong>es<br />

in Österreich zu Ende. In der historischen Literatur werden das Fehlen einer<br />

„revolutionären Lage“ <strong>und</strong> die lähmende Wirkung der partiellen Nichtbefolgung des<br />

863 Chronik des BGK Bruck an der Mur, 1934.<br />

864 Anzenberger/Polaschek, Widerstand, S. 147–150.<br />

865 Chronik des BGK Leoben, 1934; Anzenberger/Polaschek, Widerstand, S. 154–156; 162–166.<br />

866 Chronik des BGK Judenburg, Bd.II/1934; Anzenberger/Polaschek, Widerstand, S. 146–147;<br />

168–169.

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