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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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der Steiermark jedenfalls schien der Steirische Heimatschutz die besseren Karten<br />

zu haben: Bald schlug den Heimwehrführern vielerorts eine Welle der Sympathie<br />

entgegen <strong>und</strong> die aus der Haft Entlassenen wurden in ihren Heimatgemeinden mit<br />

„großem Bahnhof“ empfangen. 226<br />

Im Jahr 1932 erreichten die finanziellen Schwierigkeiten des Landes trotz verschiedener<br />

Sparmaßnahmen im Verwaltungsbereich einen neuen Tiefpunkt. Die<br />

Sozialdemokraten stellten sich gegen das Ansinnen des „bürgerlichen Referenten“,<br />

die Mietparteien durch neue Steuern zu belasten. Stattdessen forderten sie<br />

die Streichung oder die Herabsetzung des „Hausherrengroschens“, was freilich am<br />

Widerstand der bürgerlichen Vertreter scheiterte. Schließlich wurde ein Budgetprovisorium<br />

erstellt, da nach mehrwöchigen zähen Verhandlungen keine Einigung<br />

im Finanzausschuss erzielt werden konnte. Als Hilfsmaßnahme für Notleidende<br />

wurde die von der Regierung ins Leben gerufene Aktion „Winterhilfe“ von der sozialdemokratischen<br />

Fraktion zwar gr<strong>und</strong>sätzlich begrüßt, ihre Wirkung jedoch als<br />

unzulänglich <strong>und</strong> einseitig kritisiert: Dank der unzureichenden Subventionen des<br />

B<strong>und</strong>es sei die Winterhilfe eine unzumutbare Last für die ohnehin „ausgebluteten“<br />

Gemeinden geworden. Um dem Gr<strong>und</strong>übel der Jugendarbeitslosigkeit zu begegnen,<br />

schlugen die sozialdemokratischen Abgeordneten eine Reihe von Maßnahmen vor:<br />

Arbeitsbeschaffung durch öffentliche Körperschaften, vor allem durch Unterstützung<br />

der B<strong>und</strong>esregierung; eine Verlängerung der Schulzeit bis zum vollendeten 15.<br />

Lebensjahr sowie die Einführung von Werkskursen für arbeitslose Jugendliche. Diese<br />

Maßnahmen waren jedoch nach Monaten noch immer nicht realisiert worden. Die<br />

sozialdemokratische Fraktion sei immer bestrebt, soziale Politik zu betreiben, heißt<br />

es im Parteibericht, doch sie könne sich kaum gegen die gegnerische Mehrheit im<br />

Landtag durchsetzen. Überhaupt erschwere die gespannte politische Lage jegliche<br />

gedeihliche Zusammenarbeit in beiden Gremien, resümiert der Verfasser; schuld<br />

daran sei die Landesverwaltung, die sich „zu wiederholten Malen in Widerspruch<br />

zu Gesetz <strong>und</strong> Verfassung gestellt hat“. Gemeint ist unter anderem das „Kuriosum“,<br />

dass Landeshauptmann Rintelen nach seiner Ernennung zum Unterrichtsminister<br />

alle seine Landesfunktionen beibehalten durfte <strong>und</strong> somit eine doppelte Machtposition<br />

innehatte. 227<br />

4.1.4 Der Republikanische Schutzb<strong>und</strong> in den Bezirken<br />

Bruck an der Mur <strong>und</strong> Leoben<br />

Doch nicht nur auf Landesebene, sondern auch parteiintern zogen dunkle Wolken<br />

auf. Laut einem Bericht des Landesgendarmeriekommandos (LGK) war es bereits<br />

226 Beispielsweise in Judenburg. Dort wurde der aus der Haft entlassene Apotheker Dr. Friedrich<br />

Odelga am 17.Oktober 1931 von Sympathisanten feierlich empfangen, von der „anwesenden Jugend“<br />

allerdings mit „Pfui“-Rufen geschmäht. Der Gemeinderat hatte zuvor den Putsch scharf<br />

verurteilt: StLA ZGS (BKA) K.77/4 BGK Judenburg/E.Nr.701 (19.10.1931).<br />

227 Bericht des Landesparteivorstandes der Sozialdemokratischen Partei Steiermarks an den Landesparteitag<br />

für das Jahr 1932 (Graz 1933) S. 16–20.

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