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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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sentativen Querschnittes nationalsozialistischer Keimzellen in der obersteirischen<br />

Industrieregion, sowie ein anschauliches Bild ihrer Agitationsmethoden.<br />

4.5.1 Entwicklung der österreichischen<br />

nationalsozialistischen Bewegung nach 1918<br />

Ausgehend von der Vorkriegsentwicklung der DAP, die bei den Reichsratswahlen<br />

1911 im Grazer Wahlbezirk 3 <strong>und</strong> im obersteirischen Wahlbezirk 7 r<strong>und</strong> 5,5 Prozent<br />

Stimmenanteil errang, hoffte die Kleinpartei nach dem Ersten Weltkrieg erneut an<br />

deutschnationale Milieus anknüpfen zu können. Treibende Kraft war der Wiener<br />

Geschäftsführer Dr. Walter Riehl, der bereits 1913 ein neues erweitertes Programm<br />

ausgearbeitet <strong>und</strong> die Partei im Mai 1918 in „Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei“<br />

(DNSAP) umbenannt hatte. Laut Selbstdefinition vertrat die „freiheitliche<br />

<strong>und</strong> streng völkische“ Partei „die Belange aller ehrlich schaffenden Arbeiter“,<br />

bekämpfte alle „rückschrittlichen“ Bestrebungen, „kapitalistischen Vorrechte“ <strong>und</strong><br />

die „überwuchernde Macht des jüdisch-händlerischen Geistes auf allen Gebieten des<br />

öffentlichen Lebens“. Als nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie die<br />

DNSAP in drei Sektionen zerfiel, kam Riehls Wiener Zentrale die Funktion einer<br />

„zwischenstaatlichen Kanzlei“ zu, welche die auf drei verschiedene Staaten aufgeteilten<br />

Gruppen zusammenhalten sollte. Er nahm ebenfalls zu der im Jahr 1919 neu<br />

gegründeten NSDAP in München Kontakt auf <strong>und</strong> intensivierte die Beziehungen<br />

zwischen München <strong>und</strong> Wien etwa bis 1922. 464 Als es dann im Jahr 1923 wegen der<br />

Wahlbeteiligung der DNSAP zu parteiinternen Meinungsverschiedenheiten kam,<br />

trat Obmann Walter Riehl jedoch zurück <strong>und</strong> wurde im Frühjahr 1924 von der<br />

österreichischen Nationalsozialistischen Partei ausgeschlossen, weil er seine abweichenden<br />

Ansichten in der „jüdischen“ Presse veröffentlichen ließ. 465 Nach Riehls<br />

Rücktritt übernahm Karl Schulz die Geschicke der österreichischen Partei <strong>und</strong><br />

versicherte Adolf Hitler, der wegen des gescheiterten „Bürgerbräuputsches“ vom<br />

9. November 1923 zu Festungshaft verurteilt worden war, seiner unverbrüchlichen<br />

Treue. 466 Auch die Landesparteileitung Steiermark erklärte ihre Solidarität mit dem<br />

„meuchlings“ von seinen politischen Feinden „überfallenen“ Führer <strong>und</strong> rief die<br />

„deutschen Arbeiter“ trotz des Münchner Debakels zur „nationalen Revolution“ auf:<br />

Der sogenannte christlichsoziale <strong>und</strong> der jüdische Sozialismus haben sich für<br />

das deutsche Volk als wesensfremd erwiesen. Nur ein Sozialismus, der unserem<br />

Wesen entspricht, ein nationaler Sozialismus, kann uns vom jetzigen Elend<br />

befreien. (…) Hiezu ist eine alle arbeitenden Volksschichten einigende nationale<br />

Revolution unumgängliche Vorbedingung. (…) Wer sich zum deutschen Volk<br />

bekennt, wer gerecht, das heißt sozialistisch denkt, wer dieses Bettlerdasein satt<br />

464 Staudinger, Entwicklung, S. 36–38.<br />

465 Zum Ausschluß Dr. Riehls aus der Partei. In: Die Sturmfahne. Nationalsozialistisches Kampfblatt<br />

für Steiermark (10.5.1924) S. 4.<br />

466 Pauley, Weg, S. 45–47.<br />

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