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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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auf, die nach „heftigen Kämpfen“ in den drei zuvor erwähnten B<strong>und</strong>esländern als<br />

zusätzliche Option kandidierte. 443<br />

Bei den letzten Nationalratswahlen der Ersten Republik am 9. November 1930<br />

stimmte zwar nur die Hälfte der offiziellen angegebenen Mitglieder der Heim(at)wehren<br />

für den Heimatblock, dennoch erreichte er mit r<strong>und</strong> 230.000 Stimmen – bedenkt<br />

man die allgemeine Verwirrung um die Listen <strong>und</strong> die Kürze des Wahlkampfes – ein<br />

beachtliches Ergebnis. Mit dem Einzug der acht Heimatblockabgeordneten in das<br />

Wiener Parlament kam für die Industriellen jedoch die große Ernüchterung. Der<br />

Heimatblock stieg von einem Fettnäpfchen ins andere. Einmal unterstützten sechs<br />

der acht Heimatblockabgeordneten, allen voran die steirischen Gewerkschafter Lengauer<br />

<strong>und</strong> Lichtenegger, die Sozialdemokraten in der Frage der staatlichen Sanktionierung<br />

bei Betriebsschließungen, ein andermal stimmten sie gegen die Gesetze zur<br />

Rettung der Creditanstalt. Anstatt die bürgerliche Fraktion zu stärken, geschah das<br />

Gegenteil. Dr. Pfrimer initiierte eine Volksabstimmung <strong>und</strong> machte sich die populistische<br />

Stimmung gegen die Banken <strong>und</strong> deren Manager zunutze – die Herren am<br />

Schwarzenbergplatz kochten. 444 In einem Briefwechsel aus dem Jahr 1931 zwischen<br />

einem der Direktoren der ÖAMG in Wien, Dr. Felix Busson, <strong>und</strong> dem Sekretär der<br />

steirischen Sektion des Stahlwerksverbandes, Dr. Paul Weitzer, wird deutlich, dass die<br />

ursprüngliche Idee der Unterstützung des Heimatblocks zur Stärkung der parlamentarischen<br />

Bürgerblocks zunehmend zu einem politischen Fiasko ausgeartet war, das zu<br />

Meinungsverschiedenheiten zwischen der Steiermark <strong>und</strong> Wien führte. Gemäß dem<br />

Beschluss des Stahlwerkverbandes bevorschusste die ÖAMG die monatlichen Beiträge<br />

des Stahlwerkverbandes zur Finanzierung der Heimatblock-Parlamentskanzlei.<br />

Weitzer wollte die bereits beschlossenen Zahlungen vorzeitig terminieren, während<br />

Busson auf die Erfüllung der steirischen Verpflichtungen pochte mit dem Hinweis,<br />

in der Provinz sei man über die „Wiener Verhältnisse“ mangelhaft aufgeklärt. Der<br />

Heimatblock müsse unbedingt verhindern helfen, dass der linke Flügel der CSP mit<br />

den Sozialisten gemeinsame Sache mache. Bussons Ausführungen zufolge trugen<br />

neben Starhemberg hauptsächlich Pfrimer <strong>und</strong> Rauter die Schuld an der krisenhaften<br />

Entwicklung des Heimatblockes. Der Eigenwille dieser Führer habe die ganze Bewegung<br />

„auf den H<strong>und</strong>“ <strong>und</strong> den Heimatblock in eine „unmögliche Lage“ gebracht:<br />

Es unterliegt gar keinem Zweifel, dass sich der Heimatblock als parlamentarisch<br />

unfähig erwiesen hat <strong>und</strong> es ist daher begreiflich, dass die meisten Industriellen<br />

auf ihn sehr schlecht zu sprechen sind <strong>und</strong> die sz. Idee, den Heimatblock zu<br />

gründen, als verfehlt bezeichnen, bezw. das Verschwinden dieses Gebildes je<br />

eher je lieber sehen.<br />

Der Heimatblock kranke daran, dass er zum Großteil aus „unfähigen <strong>und</strong> sehr heterogen<br />

zusammengesetzten Leuten“ bestehe, außerdem unterwerfe er sich dem Kommando<br />

des Heimatschutzes. Gerade dieser letztere Umstand habe ihm unendlich<br />

443 ÖHJ 1933, S. 37; 78–79.<br />

444 C. Earl Edmondson, The Heimwehr and Austrian Politics 1918–1936 (Athens 1978) S. 123–124.

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