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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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Mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise ging es jedoch erneut steil bergab. Nicht<br />

nur, dass die privaten Sparer <strong>und</strong> Investoren um ihre Einlagen bangten, auch das<br />

Land Steiermark stand trotz aller Einsparungsmaßnahmen in der Verwaltung <strong>und</strong><br />

der Streichung öffentlicher Investitionen 1932 vor der Zahlungsunfähigkeit. Tausende<br />

Arbeitslose <strong>und</strong> Ausgesteuerte [Menschen, die keine Versicherungsleistungen<br />

mehr erhielten, Anm.], aber auch Bauern <strong>und</strong> Landarbeiter gingen auf die Straße, um<br />

auf ihre Notlage aufmerksam zu machen. Hitlers Tausend-Mark-Sperre schädigte den<br />

steirischen Fremdenverkehr zusätzlich schwer. Die Hilfsmaßnahmen des Landes, wie<br />

die Winterhilfe, waren kaum geeignet, die Not wirksam zu beseitigen. Der Rückgang<br />

in allen Wirtschaftssparten, die Verschuldung der Landwirtschaft <strong>und</strong> die Massenarbeitslosigkeit<br />

brachten Elend <strong>und</strong> Hoffnungslosigkeit in viele Familien. 76 Vor<br />

dieser trostlosen Kulisse versprachen die Nationalsozialisten mit ihren plakativen<br />

Forderungen nach Freiheit, Arbeit <strong>und</strong> Brot eine „bessere“ Zukunft. Sie führten den<br />

Menschen, insbesondere der Jugend, das Ideal einer alle deutschen Volksgenossen<br />

umfassenden <strong>und</strong> verbindenden „Volksgemeinschaft“ unentwegt vor Augen, ein Ziel,<br />

für das es zu kämpfen galt, oder unterzugehen. 77<br />

„Tango Korrupti“: Die Steirerbank-Affäre<br />

Der steirische Landeshauptmann Anton Rintelen, Präsident der Steirerbank seit<br />

ihrer Gründung 1920, geriet 1926 ebenfalls in die Schlagzeilen, als die Centralbank<br />

der deutschen Sparkassen zusammenkrachte. Die Steirerbank war eine jener maroden<br />

Institute, die von der Centralbank „geschluckt“ wurden, um deren Finanzmisere<br />

zu vertuschen. Rintelen wurde vorgeworfen, seine persönliche Machtstellung<br />

im Zusammenhang mit dubiosen Finanztransaktionen sowie mit dem Handel mit<br />

Steweag 78 -Aktien missbraucht zu haben; die von der Opposition geforderte parlamentarische<br />

Untersuchungskommission konnte ihm jedoch keine persönliche Schuld<br />

nachweisen. Die sozialdemokratische Zeitung „Arbeiterwille“ vom 22. September<br />

1926 charakterisierte Rintelen als „der gute Onkel der Partei“, der die „Geschäfte“<br />

besorgt hatte, „an den sich jeder wendete, der in Bedrängnis geraten war“. 79 Landeshauptmann<br />

Rintelen, der als enorm ehrgeizig, clever <strong>und</strong> <strong>und</strong>urchschaubar<br />

galt, erwarb sich große Verdienste um das R<strong>und</strong>funkwesen <strong>und</strong> um die Energieversorgung<br />

der Steiermark. In seiner Autobiografie gibt er nicht ohne Stolz zu, die<br />

Heimwehr <strong>und</strong> die ihr nahestehende Unabhängige Gewerkschaft auf nicht ganz<br />

legale Art (praeter legem) unterstützt zu haben. 80 Es ist ziemlich unwahrscheinlich,<br />

76 Stefan Karner, Die Steiermark im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert. Politik – Wirtschaft – Gesellschaft – Kultur<br />

(Graz 2005), Kurzzitat: Karner, Steiermark, S. 176–193.<br />

77 NS-Lehrerversammlung in Leoben. In: Der Kampf (16.07.32) S. 8.<br />

78 Steirische Wasserkraft- <strong>und</strong> Elektrizitäts-AG.<br />

79 Peter Gorke, Anton Rintelen (1876–1946). Eine polarisierende Persönlichkeit. Versuch einer politischen<br />

Biographie (Diss., Graz 2002) S. 88–91.<br />

80 Anton Rintelen, Erinnerungen an Österreichs Weg. Versailles-Berchtesgaden-Grossdeutschland,<br />

2. Aufl. (München 1941) S. 158–162.

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