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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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188<br />

„Machtübernahme“ Wallischs in Bruck beantragte das Kreisgericht Leoben seine<br />

Auslieferung. Die Frage einer reinen Willkürmaßnahme der Justiz im Falle Wallisch<br />

erscheint im Lichte seiner späteren Verfolgung <strong>und</strong> Justifizierung im Februar<br />

1934 berechtigt zu sein, die Bevorzugung des Heimatschutzes als „Wachh<strong>und</strong>“ <strong>und</strong><br />

Angriffstruppe gegen den roten Schutzb<strong>und</strong> evident.<br />

5.1.4 Der „Terror“ der Alpine<br />

Verschärft wurde der Konflikt im Frühjahr 1928, als die Belegschaft mehrerer<br />

Betriebe der ÖAMG in den Streik trat. Begründet wurde dieser Schritt damit,<br />

dass die Konzernleitung auf die sozialdemokratischen Arbeiter „Terror“ ausübe,<br />

indem sie systematisch jene durch „nicht-marxistische“ Arbeiter ersetze. Unmittelbarer<br />

Anlass für den Aufstand soll die im Einvernehmen mit dem Einigungsamt<br />

ausgesprochene Entlassung eines Betriebsrates im Kärntner Hüttenberger Revier<br />

gewesen sein. Der sozialdemokratischen Zeitung „Arbeiterwille“ wurde von der<br />

bürgerlichen Presse vorgeworfen, die Arbeiterschaft, wie schon so oft, zum Zeitpunkt<br />

eines kleinen konjunkturellen Aufschwunges gegen die Arbeitgeber aufzuhetzen.<br />

Dies sei kein sozialer, sondern ein politischer Kampf, wurde kolportiert.<br />

Das schlimmste daran, so das bürgerliche Organ, sei die Art <strong>und</strong> Weise in welcher<br />

die sozialdemokratischen Führer die Erregung, die ohnehin unter der Arbeiterschaft<br />

herrsche, „bis zur Siedehitze“ zu entfachen verstanden. 614 Die Zeichen in<br />

der obersteirischen Industrieregion standen seit dem Aufstieg der Heimwehr auf<br />

Sturm. Mit Unbehagen mussten die um die Solidarität der Arbeiterschaft bemühten<br />

Funktionäre erkennen, dass der Arm des Sozialismus seit der Gründung der<br />

„Unabhängigen Gewerkschaft“ de facto immer kürzer wurde. Auf die sozialdemokratische<br />

Streikparole: Alle Räder stehen still, wenn unser Arm es will! erwiderte<br />

die Streikbrechergarde der Heimwehr: Alle Räder rollen, wenn die Heimatschützler<br />

es wollen! 615 Anlässlich des Landesparteitages der steirischen Sozialdemokraten im<br />

Juni 1928 brachte Wallisch seine Überzeugung von der bedingungslosen Kampfbereitschaft<br />

der obersteirischen Arbeiterschaft gegen die Heimwehr zum Ausdruck:<br />

Die Arbeiterschaft wünscht den Kampf, <strong>und</strong> zwar auf der ganzen Linie. Wir müssen<br />

den Angriffen der Heimwehr gerüstet gegenüber stehen, bereit, ihre Machtwünsche<br />

mit Erfolg niederzuschlagen. 616<br />

Kurz nach der von der Alpine erzwungenen Teilnahme der Donawitzer Heimatschützler<br />

am Wiener Neustädter Aufmarsch Anfang Oktober 1928 soll die Hüttenverwaltung<br />

zu einem neuerlichen Schlag ausgeholt haben. Der „Arbeiterwille“<br />

614 Giftmischerei. In: Obersteirerblatt (19.5.1928) S. 1.<br />

615 StLA L.Reg. K.213: Gr.384 (K 1/1926 O.Zl.101–179, 7.12.1928); Die Streikparole ist Teil einer Strophe<br />

aus dem „B<strong>und</strong>eslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“ von Georg Herwegh<br />

(1817–1875): Mann der Arbeit, aufgewacht! Und erkenne Deine Macht! Alle Räder stehen still, Wenn<br />

Dein starker Arm es will!. In: http://www.lyrikwelt.de/gedichte/herweghg1.htm 18.12.2009.<br />

616 Der Landesparteitag der steirischen Sozialdemokraten. Debatte über den Hüttenberger Streik <strong>und</strong><br />

die Heimwehren. In: Neue Freie Presse (6.6.1928) S. 7.

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