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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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Gewing in Leoben durch einen Sprengsatz verwüstet. Der Schaden war beträchtlich.<br />

Die Spiegelscheibe der Geschäftsauslage sowie Porzellan <strong>und</strong> Geschirr wurden<br />

zertrümmert. Der Verdacht der Polizei fiel wenig später auf eine Gruppe von fünf<br />

Männern <strong>und</strong> einer Frau, welche die Tat unter der Anleitung eines Studenten der<br />

Montanistischen Hochschule begangen haben soll. 761<br />

Anfang Februar war es in Leoben <strong>und</strong> Donawitz zu einer neuerlichen Serie von<br />

Verwüstungen gekommen. Durch Sprengsätze, die an verschiedenen Stellen im<br />

Stadtgebiet explodierten, wurden zwei Telefonzellen zerstört, das Wohnhaus des<br />

Bezirkshauptmannes Dr. Urbanek <strong>und</strong> das Gebäude der Bezirkshauptmannschaft<br />

beschädigt. 762 Nach dem Ablauf des von Landesinspekteur Habicht bis Ende Februar<br />

verlängerten „Waffenstillstandes“ – aus außenpolitischen Rücksichten hatten sich die<br />

Nationalsozialisten während des Bürgerkrieges weitgehend ruhig verhalten – ging<br />

der Terror mit unverminderter Heftigkeit weiter. 763<br />

Der Landesgendarmeriekommandant berichtete:<br />

Mit 28. Feber setzte über höhere Weisung auch prompt eine erhöhte Propagandatätigkeit<br />

ein <strong>und</strong> es wurden auch Terrorakte aller Art verübt, die wieder<br />

vielfach vor den Gendarmerieposten, Amtsgebäuden <strong>und</strong> Wohnungen von im<br />

vaterländischen Sinne tätigen Personen sowie vor Unterkunftslokalen der vaterländischen<br />

Verbände verübt wurden (…), so unter anderem in (…) Vordernberg,<br />

Seegraben, Leoben (wiederholt), Donawitz, St. Michael, Trofaiach, Judenburg.<br />

Zahlreiche Waffendiebstähle hätten zudem gezeigt, dass die Nationalsozialisten ständig<br />

bemüht waren, ihre Waffenlager aufzustocken. 764 Im April 1934 registrierte das<br />

LGK eine neuerliche „sehr erhebliche“ Zunahme verbotener nationalsozialistischer<br />

Tätigkeit. Im Vergleich zu den Vormonaten hatten sich zahlreiche Personen aus<br />

„Intelligenzkreisen“ an der Ausübung nationalsozialistischer Propagandaaktionen<br />

beteiligt. Darunter befanden sich Ingenieure, Ärzte, zwei hohe Beamte <strong>und</strong> einige<br />

Lehrpersonen aus der ganzen Steiermark. 765 Die Exekutive vermutete allerdings eine<br />

nicht geringe Beteiligung von sozialdemokratischer <strong>und</strong> kommunistischer Seite.<br />

Bezirksgendarmeriekommandant Erhart berichtet von verstärkten Aktivitäten der<br />

Nationalsozialisten <strong>und</strong> Kommunisten. In einer gemeinsamen Aktion am 30. April<br />

761 StLA ZGS (BKA) K.85/12 (Fol.1567–1589).<br />

762 StLA ZGS (BKA) K.85/12 (Fol.1428–1436).<br />

763 Goldinger/Binder, Österreich, S. 228.<br />

764 StLA ZGS (BKA) K.85/12 (Fol.1629–1630): Laut dem Bericht des LGK war es zu einem zahlenmäßigen<br />

Rückgang der „verbotswidrigen Propagandatätigkeit“ der Nationalsozialisten von „über 100%“<br />

gekommen. Die Ursache hierfür sei jedoch nicht im Erlahmen ihres „radikalen Kampfgeists“, so<br />

Neubauer, sondern vielmehr in dem Ausbruch der Revolte des republikanischen Schutzb<strong>und</strong>es zu<br />

suchen. Die Nationalsozialisten hätten es nicht gewagt, die Exekutivkräfte bei der Niederschlagung<br />

derselben durch Verübung von Terrorakten zu stören. Unter ihrem Führer Habicht seien sie<br />

gleichsam „Gewehr bei Fuß“ gestanden, um jederzeit kampfbereit einzugreifen. Neubauer meinte,<br />

umso größer sei die Enttäuschung gewesen, als es der Regierung gelungen war, die Unruhen ohne<br />

nationalsozialistische Hilfe niederzuschlagen.<br />

765 StLA ZGS (BKA) K.88/15 (Fol.469–474).<br />

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