Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt
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zurückzuführen, sondern „die (fehlende) Geldmöglichkeit ist das schwerste was<br />
ist“. Außer zum Reichskongress sollten Bauerndelegierte für einen Russlandbesuch<br />
nominiert werden. Jene Auserwählten wurden von der Partei verpflichtet, nach ihrer<br />
Rückkehr in öffentlichen Versammlungen „wahrheitsgetreu“ von ihren in Russland<br />
gemachten Erfahrungen zu berichten. Rasswalder musste sich erst mit den Ortsgruppen<br />
in ganz Obersteiermark in Verbindung setzen, um Delegierte für den nun<br />
im August geplanten obersteirischen Kongress in Leoben aufzutreiben. Er hoffte<br />
200 Delegierte nach Leoben zu bringen, „dann werden wir erst richtig durchdringen<br />
in Obersteiermark“. Dieses Vorhaben konnte auf Gr<strong>und</strong> der relativ begrenzten<br />
finanziellen Mittel der KPÖ letztendlich kaum realisiert werden. Der erste Reichsbauernkongress<br />
der KPÖ fand später als ursprünglich geplant im November 1932<br />
statt. Von den 74 Delegierten aus ganz Österreich wurde das Reichsbauernkomitee,<br />
bestehend aus 17 Mitgliedern, gewählt. 312 Felix Rasswalder 313 , der von der Behörde<br />
als „äußerst radikales Individuum“ eingestuft wurde, sollte im Jahr 1932 in seine<br />
Kärntner Heimatgemeinde abgeschoben werden. Der wegen unbefugten Waffentragens<br />
zweimal Vorbestrafte hatte sich an einem Überfall auf Leobener Polizeibeamte<br />
beteiligt, wurde jedoch freigesprochen. Dem Bericht der Bezirkshauptmannschaft<br />
Leoben zufolge wurde Rasswalder im August 1932 zwar nach Kärnten abgeschafft,<br />
war jedoch offensichtlich zwischenzeitlich nach Leoben zurückgekehrt – immerhin<br />
war er im Juli 1933 von einem Leobener Geschworenengericht wegen eines anderen<br />
Deliktes freigesprochen worden. Im Mai 1934 wurde Rasswalder wegen seines „regen<br />
Umgang(es) mit prominenten <strong>und</strong> radikalen Anhängern der kommunistischen Partei“<br />
im Anhaltelager Wöllersdorf interniert. Als Rasswalder von seiner bevorstehenden<br />
„für immerwährende Zeiten“ dauernden Ausweisung aus dem Bezirk Leoben<br />
erfuhr, berief er, allerdings erfolglos, gegen den Bescheid. Kurz vor Weihnachten 1934<br />
versuchte er den steirischen Sicherheitsdirektor Koschatzky in einer selbst verfassten<br />
Petition von seiner Unschuld zu überzeugen. Rasswalders Gesuch war vergebens. Auf<br />
Anfrage des Sicherheitsdirektors unterstrich der Leobener Gendarmeriepostenkommandant<br />
die Notwendigkeit der vorbeugenden Internierung <strong>und</strong> Abschaffung des<br />
Kommunisten aus Gründen der „öffentlichen Ruhe <strong>und</strong> Ordnung“. 314 Rasswalders<br />
Verbrechen hatte darin bestanden, „die einheimische Bauernschaft dem Bolschewismus<br />
zuzuführen“, wie es in trockenem Amtsdeutsch hieß. 315 Im Großen <strong>und</strong><br />
Ganzen können die Bemühungen der KPÖ, die ländliche Bevölkerung für ihre Ideen<br />
zu gewinnen, als gescheitert betrachtet werden. Immerhin gelang es den Kommunisten,<br />
kleinere Stützpunkte auf dem Land aufzubauen, von wo aus Aktivitäten wie<br />
beispielsweise Verhinderungen von Delogierungen <strong>und</strong> Versteigerungen organisiert<br />
wurden. Ob jene Unzufriedenen den mit ihnen solidarisierenden Kommunisten<br />
312 Steiner, KPÖ, S. 86.<br />
313 1903 in Dresden geboren, zuständig nach Weitensfeld (Kärnten).<br />
314 Der Postenkommandant gab an, Rasswalder habe auch nach dem Verbote der KPÖ noch immer<br />
einen regen Umgang mit prominenten <strong>und</strong> radikalen Anhängern der K.P. gepflogen. Es besteht daher<br />
der dringende Verdacht, dass sich Rasswalder auch derzeit im Geheimen noch sehr intensiv für die<br />
KP betätigt, aus welchem Gr<strong>und</strong>e er auch in das Anhaltelager abgegeben wurde.<br />
315 StLA BH Leoben Gr.14: K.16 (GPK E.Nr.4920/Abschaffungsantrag 12.7.1932).