11.09.2012 Aufrufe

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

110<br />

zurückzuführen, sondern „die (fehlende) Geldmöglichkeit ist das schwerste was<br />

ist“. Außer zum Reichskongress sollten Bauerndelegierte für einen Russlandbesuch<br />

nominiert werden. Jene Auserwählten wurden von der Partei verpflichtet, nach ihrer<br />

Rückkehr in öffentlichen Versammlungen „wahrheitsgetreu“ von ihren in Russland<br />

gemachten Erfahrungen zu berichten. Rasswalder musste sich erst mit den Ortsgruppen<br />

in ganz Obersteiermark in Verbindung setzen, um Delegierte für den nun<br />

im August geplanten obersteirischen Kongress in Leoben aufzutreiben. Er hoffte<br />

200 Delegierte nach Leoben zu bringen, „dann werden wir erst richtig durchdringen<br />

in Obersteiermark“. Dieses Vorhaben konnte auf Gr<strong>und</strong> der relativ begrenzten<br />

finanziellen Mittel der KPÖ letztendlich kaum realisiert werden. Der erste Reichsbauernkongress<br />

der KPÖ fand später als ursprünglich geplant im November 1932<br />

statt. Von den 74 Delegierten aus ganz Österreich wurde das Reichsbauernkomitee,<br />

bestehend aus 17 Mitgliedern, gewählt. 312 Felix Rasswalder 313 , der von der Behörde<br />

als „äußerst radikales Individuum“ eingestuft wurde, sollte im Jahr 1932 in seine<br />

Kärntner Heimatgemeinde abgeschoben werden. Der wegen unbefugten Waffentragens<br />

zweimal Vorbestrafte hatte sich an einem Überfall auf Leobener Polizeibeamte<br />

beteiligt, wurde jedoch freigesprochen. Dem Bericht der Bezirkshauptmannschaft<br />

Leoben zufolge wurde Rasswalder im August 1932 zwar nach Kärnten abgeschafft,<br />

war jedoch offensichtlich zwischenzeitlich nach Leoben zurückgekehrt – immerhin<br />

war er im Juli 1933 von einem Leobener Geschworenengericht wegen eines anderen<br />

Deliktes freigesprochen worden. Im Mai 1934 wurde Rasswalder wegen seines „regen<br />

Umgang(es) mit prominenten <strong>und</strong> radikalen Anhängern der kommunistischen Partei“<br />

im Anhaltelager Wöllersdorf interniert. Als Rasswalder von seiner bevorstehenden<br />

„für immerwährende Zeiten“ dauernden Ausweisung aus dem Bezirk Leoben<br />

erfuhr, berief er, allerdings erfolglos, gegen den Bescheid. Kurz vor Weihnachten 1934<br />

versuchte er den steirischen Sicherheitsdirektor Koschatzky in einer selbst verfassten<br />

Petition von seiner Unschuld zu überzeugen. Rasswalders Gesuch war vergebens. Auf<br />

Anfrage des Sicherheitsdirektors unterstrich der Leobener Gendarmeriepostenkommandant<br />

die Notwendigkeit der vorbeugenden Internierung <strong>und</strong> Abschaffung des<br />

Kommunisten aus Gründen der „öffentlichen Ruhe <strong>und</strong> Ordnung“. 314 Rasswalders<br />

Verbrechen hatte darin bestanden, „die einheimische Bauernschaft dem Bolschewismus<br />

zuzuführen“, wie es in trockenem Amtsdeutsch hieß. 315 Im Großen <strong>und</strong><br />

Ganzen können die Bemühungen der KPÖ, die ländliche Bevölkerung für ihre Ideen<br />

zu gewinnen, als gescheitert betrachtet werden. Immerhin gelang es den Kommunisten,<br />

kleinere Stützpunkte auf dem Land aufzubauen, von wo aus Aktivitäten wie<br />

beispielsweise Verhinderungen von Delogierungen <strong>und</strong> Versteigerungen organisiert<br />

wurden. Ob jene Unzufriedenen den mit ihnen solidarisierenden Kommunisten<br />

312 Steiner, KPÖ, S. 86.<br />

313 1903 in Dresden geboren, zuständig nach Weitensfeld (Kärnten).<br />

314 Der Postenkommandant gab an, Rasswalder habe auch nach dem Verbote der KPÖ noch immer<br />

einen regen Umgang mit prominenten <strong>und</strong> radikalen Anhängern der K.P. gepflogen. Es besteht daher<br />

der dringende Verdacht, dass sich Rasswalder auch derzeit im Geheimen noch sehr intensiv für die<br />

KP betätigt, aus welchem Gr<strong>und</strong>e er auch in das Anhaltelager abgegeben wurde.<br />

315 StLA BH Leoben Gr.14: K.16 (GPK E.Nr.4920/Abschaffungsantrag 12.7.1932).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!