11.09.2012 Aufrufe

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

zum Teil mit schweren Verletzungen darniederliegenden Nationalsozialisten begangen<br />

wurden. Viele in Graz <strong>und</strong> Leoben in Notarresten zusammengepferchte Aufständische<br />

sollen nicht nur mit Bajonettstichen, Kolbenhieben <strong>und</strong> Fußtritten traktiert<br />

worden sein, sondern litten unter durch mangelnde Versorgung hervorgerufenen<br />

W<strong>und</strong>eiterungen. 916 Jene vom deutschen Konsul dokumentierten Untaten, die in<br />

jenen Tagen seitens der OSS <strong>und</strong> der Heimwehr an Nationalsozialisten, aber auch<br />

an Unbeteiligten, verübt wurden, kennzeichnen die Eskalation der <strong>Gewalt</strong> in einer<br />

von weltanschaulichen Gegensätzen geprägten hasserfüllten Atmosphäre. 917<br />

Im Bezirk Leoben schlugen die von der Regierung unterdrückten politischen<br />

Bewegungen bald zurück. Einem Bericht des örtlichen Heimatdienstes zufolge sorgten<br />

bereits im Herbst 1934 wiederaufflammende kommunistische <strong>und</strong> nationalsozialistische<br />

Umtriebe erneut für Aufregung in der Bevölkerung. Zahlreiche „vaterländische“<br />

Beamte <strong>und</strong> Parteifunktionäre, Pfarrer sowie Privatpersonen, die angesichts<br />

der Hinrichtungen von Putschisten als „schwarze H<strong>und</strong>e“ <strong>und</strong> „Henkersknechte“<br />

bezeichnet wurden, erhielten Drohbriefe oder wurden Opfer von Anschlägen. Der<br />

Heimatdienst wörtlich:<br />

Aus diesen Vorkommnissen müssen wir leider schliessen, dass von neuem eine<br />

Hetzpropaganda losgeht. Es wird wohl allen bekannt sein, dass gerade in Leoben<br />

<strong>und</strong> Donawitz das Zentrum der Nazi-Brutstätte ist. (…) In Leoben laufen noch<br />

alle gefährlichen nationalsozialistischen Parteigänger frei herum. Die Beamten<br />

der behördlichen Stellen sind heute nach wie vor ausschliesslich Nationalsozialisten.<br />

Die Bevölkerung werde außerdem von „Gerüchtemachern“ irregemacht, welche<br />

Geschichten von Gräueltaten gegen die internierten Nationalsozialisten verbreiteten,<br />

so der Heimatdienst. Diese Behauptungen wurden vom steirischen Sicherheitsdirektor<br />

mit dem Hinweis auf die nach dem Putsch durchgeführten Verhaftungen<br />

<strong>und</strong> „Säuberungen“ des Beamtenstabes energisch dementiert: Die Stimmung der<br />

Bevölkerung ist seit den Juliereignissen vollkommen ruhig <strong>und</strong> ist auch von einer<br />

Gerüchteverbreitung nichts bekannt. Der Sicherheitsdirektor wies naturgemäß jene<br />

gegen die Exekutive erhobenen Anschuldigungen als „vollkommen haltlos“ zurück. 918<br />

Im Sommer 1935 soll sich die allgemeine Stimmung in der Bevölkerung weiter<br />

verschlechtert haben. Drubba spricht von schärfsten Überwachungsmaßnahmen<br />

seitens der Behörden. Anhaltungen auf der Straße, Vorladungen zur Polizei sowie<br />

Hausdurchsuchungen sollen an der Tagesordnung gewesen sein: Niemand ist zu<br />

irgendeiner St<strong>und</strong>e des Tages oder der Nacht sicher, auch wenn er sich gar nicht für<br />

die Partei betätigt hat. (…) Das Leben wird tatsächlich unerträglich, wer sich nicht<br />

„vaterländisch“ gebärdet, gilt schon als verdächtig <strong>und</strong> wenn er unglücklicherweise<br />

öffentlicher Angestellter oder Beamter ist, hat er in kürzester Zeit seine Entfernung<br />

916 StLA MF Akten des Dt. Konsulats P7/Bd.36/C1/Pol.II-1934 („August 1934 – Brockmannschule,<br />

Kronesschule, Industriehalle, 26. Juli Leoben“).<br />

917 StLA MF Akten des Dt. Konsulats P7/Bd.36/C1/Pol.II-1934 („Auf den Erlass A2449, 7.9.1934“).<br />

918 StLA ZGS (BKA) K:89/16 (Fol.1501–1507).<br />

277

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!