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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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Tag zu Tag wird es offenk<strong>und</strong>iger, daß die Alpine den Heimatschutz vorschiebt, um<br />

eine brutale <strong>und</strong> rücksichtslose Unternehmerdiktatur aufrichten zu können. (…) Der<br />

Heimatschutz hat die Arbeiterschaft zersplittert <strong>und</strong> sie wehrlos dem Diktat der Werkdirektoren<br />

ausgeliefert. 439 Es ist evident, dass die Industriebosse am Wiener Schwarzenbergplatz<br />

den Steirischen Heimatschutz finanziell unterstützten, weil sie ihn als<br />

antimarxistische Kraft zur Verteidigung ihrer Betriebsanlagen in der Obersteiermark<br />

brauchten. Der Alptraum einer „wilden“ Sozialisierung sollte in Österreich nicht<br />

wieder vorkommen. 440 Tatsächlich spielten der „Verband österreichischer Banken<br />

<strong>und</strong> Bankiers“ <strong>und</strong> der „Hauptverband der Industrie Österreichs“ die bedeutendste<br />

Rolle bei der Umsetzung kapitalistischer Ziele in staatliche Politik. Die Förderung<br />

„gelber“ Gewerkschaften beispielsweise gehörte zu den wirksamsten der gegen die<br />

Sozialdemokratie gerichteten repressiven Maßnahmen des Industriellenverbandes. 441<br />

4.4.4.3 Der Heimatblock <strong>und</strong> seine Geldgeber<br />

Der „parlamentarische Arm“ der Heimwehr kandidierte erstmals bei den Nationalratswahlen<br />

im November 1930, als nach dem überraschenden Sturz der Regierung<br />

Schober Ende September die B<strong>und</strong>esführung der Heimwehr zur Beteiligung an<br />

einem Interimskabinett eingeladen wurde. Der mit der Kabinettsbildung beauftragte<br />

Carl Vaugoin rechnete mit einem Erdrutschsieg der mit der Heimwehr verbündeten<br />

CSP bei den kommenden Wahlen. Vaugoin sollte sich jedoch schwer täuschen. Einer<br />

offiziellen Quelle zufolge wurde der Heimatblock als „parlamentarische Kampftruppe<br />

des Heimatschutzes“ am 1. Oktober 1930 aufgestellt mit der Aufgabe, „der<br />

Sozialdemokratie möglichst viele Stimmen abzunehmen <strong>und</strong> die bürgerlichen Parteien<br />

zu unterhöhlen“. In einem „Rednerbehelf für den Wahlkampf“ hieß es: Wir<br />

sind Feinde des demokratisch-parlamentarischen Systems, wir bedienen uns seiner<br />

Mittel nicht um es zu stützen, sondern um es zu überwinden. 442 Der Heimatblock<br />

forderte das Innenministerium für sich, um den Republikanischen Schutzb<strong>und</strong><br />

handstreichartig zu entwaffnen. Nachdem einige Bedingungen der Heimwehrvertreter<br />

erfüllt schienen, übernahmen Starhemberg das Innenministerium <strong>und</strong> der<br />

Landesleiter der Salzburger Heimatwehr, Hueber, das Justizministerium. Aufgr<strong>und</strong><br />

seiner dezentralen Struktur <strong>und</strong> zerstrittenen Führungsriege trat der Heimatblock<br />

nicht im gesamten B<strong>und</strong>esgebiet einheitlich auf, sondern er warb beispielsweise in<br />

Wien, Niederösterreich <strong>und</strong> Burgenland als „Christlichsoziale Partei <strong>und</strong> Heim(at)<br />

wehr“. In allen übrigen Ländern stellte der Heimatblock eine eigenständige Liste<br />

439 Eine Bilanz, mit der die Alpine zufrieden sein kann. Anderthalb Jahre Heimatschutz in Donawitz.<br />

In: Betriebszeitung für die Hütte Donawitz (1.12.1928) S. 2.<br />

440 Schleicher, Heisses Eisen, S. 44f: Im April 1919 war es in Donawitz <strong>und</strong> Seegraben zu einem<br />

spektakulären aber kurzlebigen Sozialisierungsversuch gekommen, als aufgebrachte Arbeiter die<br />

Werksdirektionen wegen Verpflegungsprobleme gewaltsam besetzten <strong>und</strong> eigene Direktionsräte<br />

installierten.<br />

441 Peter Berger, Ökonomische Macht <strong>und</strong> Politik. In: Tálos/Dachs, P.S. Ö., S. 404–406.<br />

442 StLA ZGS K.48: Heimwehr (1927–1935).<br />

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