Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt
Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt
Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
166<br />
gewerteten Ortsgruppen befanden sich 14 in der obersteirischen Industrieregion, von<br />
denen gleich acht die vorderen Plätze belegten. Nach Angaben des Blattes erforderte<br />
der „starke Aufschwung“ der Bewegung erstmals eine Unterteilung des Gaues in<br />
Gerichtsbezirke, für deren organisatorische <strong>und</strong> propagandistische Betreuung die<br />
ihnen zugeteilten Bezirksleiter, die den Ortsgruppenleitern vorgesetzt waren, verantwortlich<br />
zeichneten. Im Jänner 1933 wurde der Leobener Vizebürgermeister Karl<br />
Cerha, der 1926 die Leitung des neugebildeten Kreises Leoben übernommen hatte,<br />
zum Bezirksleiter der NSDAP ernannt. 509 Gemäß einem Landesgesetz aus dem Jahr<br />
1924 stand der Partei in den Bezirksvertretungen Leoben, Judenburg, Knittelfeld <strong>und</strong><br />
Schladming je ein Vertreter zu. Anfang 1931 wurde Gemeinderat Karl Scharitzer<br />
aus Trofaiach in die Bezirksvertretung Leoben entsendet. 510 Dieser wurde im Juni<br />
1932 aufgr<strong>und</strong> seines politischen „Aufstieges“ zum Gauleiter von Salzburg durch den<br />
Obmann der Ortsgruppe Leoben-Donawitz, Hans Rindler, ersetzt. 511<br />
Obwohl die Bildung von einigen wenigen Organisationen der NSDAP amtlich<br />
nachweisbar ist, 512 geht aus einem 1931 herausgegebenen „Leitfaden zur Gründung<br />
neuer Ortsgruppen“ der NSDAP Hitlerbewegung Gau Steiermark hervor, dass die<br />
Gründung einer Ortsgruppe nicht behördlich gemeldet werden müsse, weil eine<br />
Ortsgruppe kein Verein sei. Demnach bestand eine Ortsgruppe aus dem Ortsgruppenleiter,<br />
dem Kassen-, Propaganda- <strong>und</strong> dem Schriftwart. Dazu kamen „Vertrauensmänner“<br />
aus jenen Orten, die noch über keine eigene Ortsgruppe verfügten.<br />
Im Leitfaden wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Funktionäre nicht<br />
gewählt, sondern vom Ortsgruppenleiter ernannt <strong>und</strong> vom Bezirksleiter bestätigt<br />
werden mussten. Eine Ortsgruppe konnte gegründet werden, sobald sich etwa 15<br />
„Parteigenossen“ in einem Ort zusammenfanden. Oberste Bedingung dafür war<br />
das Vorhandensein eines „zur Führung geeigneten Parteigenossen“, der für die<br />
Weiterentwicklung der Ortsgruppe zu sorgen hatte. Eine weitere wichtige Voraussetzung<br />
war die finanzielle Selbsterhaltung der Organisation. Für die Gründung<br />
einer Ortsgruppe galt daher das eherne Prinzip: Keine Ortsgruppengründung ohne<br />
Aufbringung entsprechender finanzieller Mittel. Ebenso musste jede Ortsgruppe für<br />
Propagandamaßnahmen selbst aufkommen, denn die Parteizentrale sprang nur in<br />
äußersten Ausnahmefällen in die Bresche. Geldmittel flossen in Form einer einmaligen<br />
Aufnahmegebühr (S 1.50) plus Werbebeitrag (S 0.50) pro Person sowie der<br />
monatlichen Mitgliedsbeiträge (S 1.30 für Erwerbstätige <strong>und</strong> S 0.70 für Erwerbslose)<br />
in die Kasse der Landesleitung ein, die davon monatlich S 0.93 pro Kopf <strong>und</strong> Nase,<br />
ob erwerbstätig oder nicht, kassierte. Die Ortsgruppen selbst durften von den Mitgliedsbeiträgen<br />
nur den Rest einbehalten, der je nach Zahl der arbeitslosen Partei-<br />
509 Steirische Gaunachrichten der NSDAP (31.1.1933) S. 4; Freudenthaler, „Eisen auf immerdar!“ Bd.2,<br />
S. 12.<br />
510 Steirische Gaunachrichten der NSDAP (23.1.1931) S. 2–5.<br />
511 Steirische Gaunachrichten der NSDAP (17.6.1932) S. 3; StLA BV Leoben K.96.<br />
512 StLA L.Reg. Gr.206 Index (1926–1928; 1929–1931): wie beispielsweise der „Verband der Nationalsozialistischen<br />
Lehrerschaft in Steiermark“ in Bruck an der Mur im Juni 1930, die Trofaiacher OG<br />
der „Vereinigung der nationalsozialistischen Jugend Österreichs“ im August 1926 sowie der OG<br />
Donawitz in 1927.