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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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Schlag auf Schlag. Um 15.20 Uhr wurden die Wachmannschaften der Anhaltelager<br />

Waltendorf <strong>und</strong> Messendorf, wo viele Nationalsozialisten interniert waren, auf<br />

Anforderung des Sicherheitsdirektors durch Züge des B<strong>und</strong>esheeres ausgetauscht.<br />

Bald danach trafen von „allen Seiten“ Nachrichten ein, dass es sich um einen Aufstand<br />

„größeren Umfanges“ handelte <strong>und</strong> der Alarm für die Garnisonen in Graz,<br />

Straß <strong>und</strong> Judenburg wurde angeordnet. Das Brigadekommando stellte fest, dass ein<br />

Engpass in seinem Bereich aufgetreten war, weil Teile des Regimentes auswärtigen<br />

Dienst versahen <strong>und</strong> nicht verfügbar waren. Daher konnten Truppen erst nach 20<br />

Uhr in die Südsteiermark ausrücken, als sich herausstellte, dass es in Graz <strong>und</strong> der<br />

Mittelsteiermark „wider Erwarten“ ruhig geblieben war. 896 Diese warfen am darauffolgenden<br />

Tag die Aufstände in der Gegend um Radkersburg <strong>und</strong> Leibnitz, dann<br />

auch jene in Stainz, Deutschlandsberg, Preding <strong>und</strong> Eibiswald nieder. 897<br />

Zur Bekämpfung der Erhebung in der obersteirischen Industrieregion zwischen<br />

Judenburg <strong>und</strong> Leoben wurden Ersatzbataillonen aus dem Burgenland <strong>und</strong> Kärnten<br />

angefordert. Die Städte Judenburg <strong>und</strong> Leoben wurden im Lauf des 26. Juli von<br />

schwerbewaffneten Aufständischen eingekreist; im Bezirk Judenburg <strong>und</strong> auch in<br />

Knittelfeld hatten sich blutige Szenen bei der Erstürmung von Gendarmeriekasernen<br />

<strong>und</strong> bei Scharmützeln im offenen Gelände abgespielt. Auch in Fohnsdorf <strong>und</strong> Umgebung<br />

war es zu schweren Zusammenstößen gekommen. Werksbeamte der „Styria“<br />

Eisen- <strong>und</strong> Blechwerke der ÖAMG, die Urheber des örtlichen Aufstandes, hatten die<br />

Sprengung der Bahnlinie <strong>und</strong> die Zerstörung der Telefonleitungen anbefohlen sowie<br />

Betriebsfahrzeuge für Verbindungsdienste eingesetzt. 898 Ein Bataillon des B<strong>und</strong>esheeres<br />

wurde am 26. Juli von Klagenfurt kommend zur „Säuberung“ des Raumes<br />

Knittelfeld – St. Michael eingesetzt. Während die Befreiung Judenburgs durch den<br />

freiwilligen Abzug der Nationalsozialisten am Morgen des 27. Juli erreicht werden<br />

konnte, 899 erwiesen sich die Putschisten in <strong>und</strong> um Leoben als hartnäckigere Kämpfer.<br />

Freudenthaler zufolge wurden die SA-Stürme in Leoben um etwa 14.30 Uhr in<br />

Alarmbereitschaft versetzt, jedoch nach kurzer Zeit wieder nach Hause geschickt.<br />

Nachdem sich die Mannschaften um 20 Uhr neuerlich versammelt hatten, der Befehl<br />

896 Schafranek, Sommerfest, S. 142–146: Zeugenaussagen zufolge soll der Befehl des SA-Brigadeführers<br />

Meyszner zum Losschlagen erst zwischen 20 <strong>und</strong> 22 Uhr eingelangt sein. Zwischen Meyszner<br />

<strong>und</strong> dem Führer der Standarte 27, Hans Schön, dürfte ein gestörtes Verhältnis geherrscht haben,<br />

weil Schön bei der Reorganisation der Standarte von Meyszner „umgangen“ wurde. Schafranek<br />

findet keine Erklärung für das Fehlen eines gemeinsamen Vorgehens der beiden Brigadeführer<br />

Kammerhofer <strong>und</strong> Meyszner nach der Radiodurchsage. Um etwa 15 Uhr glaubte Kammerhofer<br />

Opfer einer Mystifikation geworden zu sein <strong>und</strong> machte den Aufstandsbefehl rückgängig. Das <strong>und</strong>urchsichtige<br />

Vorgehen Meyszners während der Putschtage ist im Zusammenhang mit der These<br />

der mit Wien abgesprochenen Aktion unbedingt zu hinterfragen. Ungeklärt bleiben die Motive für<br />

die offensichtliche Zurückhaltung Meyszners. Ahnte der ehemalige Gendarmerieoberst bereits die<br />

kommende Niederlage oder wollte er sein eigenes Süppchen kochen?<br />

897 ÖStA AdR Ktn.4904/a BKA Inneres 22/gen.1934 (GZ.240.331/GD.34 St.B.) Gegenstand: Zusammenfassender<br />

Bericht des Sicherheitsdirektors für das B<strong>und</strong>esland Steiermark.<br />

898 ÖStA AdR Ktn.4904/a BKA Inneres 22/gen.1934 (GZ.251.345/GD.34 St.B.) Gegenstand: Nat.soz.<br />

Juliputsch, Aufruhr in Fohnsdorf <strong>und</strong> Umgebung.<br />

899 Hierbei fungierte der ehemalige HS-Ortsgruppenführer Odelga als Parlamentär der Nationalsozialisten.<br />

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