Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt
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3.3.1 Die Entwicklung der Industrie im Leobener Raum 184<br />
Die Voraussetzungen für eine günstige Entwicklung des Eisenwesens im Bezirk<br />
Leoben waren durch das Vorhandensein reicher Vorkommen wichtiger Rohstoffe<br />
wie Erz <strong>und</strong> Kohle, eines Straßennetzes <strong>und</strong> der für den Erzabbau <strong>und</strong> -vertrieb<br />
notwendigen Strukturen seit dem Mittelalter gegeben. Kohlevorkommen befanden<br />
sich nördlich der Stadt Leoben in Münzenberg, der ältesten Abbaustätte, sowie im<br />
nahe gelegenen Seegraben, wo der Schutzengelbau 1811 <strong>und</strong> der Draschebau 1836<br />
den Betrieb aufnahmen.<br />
Die Anfänge des heutigen Donawitzer Werkes „VOEST-Alpine Stahl Donawitz“<br />
reichen bis in die erste Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts zurück. Dort errichtete<br />
der Hammergewerke Franz Mayr der Ältere 1834 bis 1837 das erste Stahl- <strong>und</strong><br />
Puddlingswerk der Steiermark, die „Franzenshütte“, wo Spateisenstein vom steirischen<br />
Erzberg verhüttet wurde. Gleichzeitig setzte der Niedergang des Ortes<br />
Vordernberg ein, der bis dahin das Monopol auf die Erzeugung von Roheisen<br />
südlich des Erzberges gehabt hatte. Mayrs Sohn Franz der Jüngere setzte mit der<br />
1845 bis 1853 durchgeführten Erweiterung des Betriebes das Werk seines Vaters<br />
fort; 1872 kam der gesamte Betrieb an die Innerberger Hauptgewerkschaft, welche<br />
1881 wiederum der ÖAMG beitrat. Bald fasste die ÖAMG den Entschluss, die<br />
Erzeugung <strong>und</strong> Verhüttung von Roheisen in Donawitz <strong>und</strong> Eisenerz zu konzentrieren.<br />
Der Donawitzer Kokshochofen, der 1891 angeblasen wurde, war der erste<br />
von vier Kokshochöfen, die ihren Betrieb bis 1907 aufnahmen. Um den reibungslosen<br />
Transport des Roherzes vom Erzberg über Vordernberg nach Donawitz zu<br />
bewerkstelligen, initiierte die ÖAMG den Bau einer über den Präbichlpass nach<br />
Vordernberg führenden Zahnradbahn, die im August 1891 ihrer Bestimmung übergeben<br />
wurde. Auch in Eisenerz wurde die Errichtung von zwei leistungsfähigen<br />
Kokshochöfen geplant, welche in den Jahren 1901 <strong>und</strong> 1913 angeblasen wurden.<br />
Infolge der mangelnden Verkokbarkeit von Kohlen in der Nähe der Erzlagerstätten<br />
hatte sich die Verhüttung von Eisenerz mit Koks (anstatt Holzkohle) im Alpenraum<br />
verzögert. So musste der für die Feuerung der neuen Kokshochöfen benötigte<br />
Brennstoff aus relativ weit entfernten Revieren wie Mährisch Ostrau (Moravská<br />
Ostrava) herangeschafft werden.<br />
184 In der von mir gestalteten kurzen Rückschau wurde bewusst auf Anmerkungen verzichtet. Die<br />
Informationen wurden folgender Literatur entnommen: Jens-Wilhelm Wessels, Economic Policy<br />
and Microeconomic Performance in Inter-War Europe. The Case of Austria, 1918–1938 (=Beiträge<br />
zur Unternehmensgeschichte 25, Stuttgart 2007) S. 34–174; Hans Jörg Köstler, Das steirische<br />
Eisenhüttenwesen von den Anfängen des Floßofenbetriebes im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert bis zur Gegenwart.<br />
In: Paul W. Roth (Hrsg.), Erz <strong>und</strong> Eisen in der Grünen Mark. Beiträge zum steirischen Eisenwesen<br />
(Graz 1984) S. 128–146; Stefan Karner, Steirisches Eisen zwischen Wirtschaftskrise <strong>und</strong> Kriegskonjunktur<br />
(1914–1945). In: Paul W. Roth (Hrsg.), Erz <strong>und</strong> Eisen in der Grünen Mark. Beiträge<br />
zum steirischen Eisenwesen (Graz 1984) S. 367–374; Günther Jontes, Leoben. Die alte Bergstadt.<br />
Geschichte, Kunst, Gegenwart, 2. Aufl. (Spielberg 1995) S. 28–30; Josef Freudenthaler, „Eisen<br />
auf immerdar!“ Geschichte der Stadt <strong>und</strong> des Kreises Leoben, 2. Aufl. (Leoben 1940), Kurzzitat:<br />
Freudenthaler, „Eisen auf immerdar!“, S. 288–312; Ferdinand Tremel (Hrsg.), Steirische Unternehmer<br />
des 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>erts. Eine Sammlung von Lebensbildern. In: ZdHVSt Sonderband<br />
9 (Graz 1965).