11.09.2012 Aufrufe

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Aktivitäten ging, erklärte sich die Partei wegen Geldmangels außerstande, die für<br />

Versammlungen, Säle oder Redner anfallenden Spesen begleichen zu können. Die<br />

Funktionäre hatten selbst das Geld durch Spenden, Sammlungen von Naturalien<br />

oder Verkauf von Zeitungen aufzubringen. 307 Im Bezirk Judenburg beispielsweise<br />

hatte der zuständige Funktionär Othmar Schauser 308 eine Reihe von Versammlungen<br />

vergeblich organisiert, weil der von der Zentrale versprochene Redner nicht erschienen<br />

war. Viele Bauern hatten dafür einen weiten Weg in Kauf nehmen müssen <strong>und</strong><br />

fühlten sich gefrotzelt. Nun reichte es Schauser. In einem bitterbösen Schreiben an<br />

die Wiener Zentrale macht er seinem Ärger Luft:<br />

Eine grenzenlose Verantwortungslosigkeit!! Ihr schreibt Versammlungen aus.<br />

Wir müssen uns (darauf) vorbereiten (…) <strong>und</strong> Ihr findet es nicht einmal der<br />

Mühe wert einen Referenten zu schicken. Was glaubt Ihr eigentlich?!! Weder<br />

die Bauern noch wir lassen uns zum Narren halten. (…) Ich bin derart empört<br />

darob, dass ich Euch alle erdenklichen Namen ins Gesicht schleudern möchte.<br />

(…). Und wenn Ihr wieder eine Bauernversammlung haben wollt, so kommt 5<br />

Tage vorher <strong>und</strong> organisiert sie alle selber. 309<br />

Im Bauernhilfsprogramm der KPÖ des Jahres 1932 wurden folgende Forderungen<br />

erstmals aufgestellt: Steuerbefreiung für Klein- <strong>und</strong> Mittelbauern, Einstellung der<br />

Subventionen für Großgr<strong>und</strong>besitzer, Aufhebung der Pachtschulden, entschädigungslose<br />

Enteignung des Großgr<strong>und</strong>besitzes <strong>und</strong> dessen Übergabe an Landarbeiter,<br />

Pächter <strong>und</strong> kleine Bauern sowie Alters- <strong>und</strong> Krankenfürsorge für werktätige Bauern.<br />

310 Gerade letztgenannter Punkt kann als Zankapfel der Bauernpolitik gesehen<br />

werden: Die von der landwirtschaftlichen Krankenkasse vorgeschriebenen Krankenversicherungsbeiträge<br />

für Landarbeiter wurden angesichts der Wirtschaftsflaute von<br />

den Bauern als untragbare Belastung („Zwangsversicherung“) vehement bekämpft.<br />

Stattdessen forderten sie eine freiwillige Versicherungsleistung <strong>und</strong> eine Altersfürsorge,<br />

die von den Gemeinden finanziert werden sollte. 311<br />

Bauernfunktionär Felix Rasswalder<br />

Zuständig für die Organisation in Leoben war neben Fritz Lauscher der bereits<br />

erwähnte Felix Rasswalder. Im April 1932 teilte er seinem Vorgesetzten Gregor<br />

Kersche in Wien mit, dass lediglich sieben von den vorgesehenen 42 Bauern zur<br />

Bezirkskonferenz erschienen waren. Dies sei jedoch nicht auf die Organisierung<br />

307 StLA BH Leoben Gr.14: K.58 (Aktionskomitee der Werktätigen Bauern Österreichs).<br />

308 Es könnte sich hierbei um Othmar Schrauser (geb. 26.10.1903 in Feldbach) handeln, der laut Strafakt<br />

verheirateter, konfessionsloser <strong>und</strong> unbescholtener Hauptschullehrer war: Reinhard Gruber,<br />

„Strafprozesse am Kreisgericht Leoben von 1933 bis 1938“ (Diss., Graz 2002) S. 199.<br />

309 StLA BH Leoben Gr.14: K.58 (Aktionskomitee der Werktätigen Bauern Österreichs).<br />

310 Steiner, KPÖ, S. 82–83.<br />

311 Eine stürmische Bauerndemonstration in Vorau. In: Arbeiterwille (3.01.1933) S. 1.<br />

109

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!