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Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt

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Kärnten, außer Hüttenberg, ab <strong>und</strong> baute dafür die Werke in der Obersteiermark<br />

aus. Im Rahmen der so genannten Wittgenstein’schen Konzentration wurde<br />

die großzügige Erweiterung beziehungsweise Umstrukturierung der Standorte<br />

Donawitz, Eisenerz, Kindberg <strong>und</strong> Zeltweg bis kurz vor dem Ersten Weltkrieg<br />

betrieben. 181 Im Ersten Weltkrieg wurde die gesamte obersteirische Industrieregion<br />

nicht nur zu einem der wichtigsten Zentren der Eisen- <strong>und</strong> Stahlindustrie<br />

in der Monarchie, sondern wurde als Teil der Rüstungsproduktion zu deren<br />

Lebensnerv. 182<br />

Nach dem Ersten Weltkrieg geriet die Mehrheit der ÖAMG-Aktien zunächst in<br />

den Besitz der italienischen Fiat-Gruppe, die auf Gr<strong>und</strong> der mangelnden Brennstoffversorgung<br />

für den Betrieb bereits 1921 einen Teil der Aktien an die Siemens-<br />

Rheinelbe-Schuckert-Union des deutschen Industriellen Hugo Stinnes abstieß.<br />

1924 verkaufte Camillo Castiglioni, der italienische Exponent der Alpine-Aktien,<br />

seinen gesamten Anteil dem Rheinelbe-Konzern. Nach dem Zusammenbruch der<br />

Stinnes-Gruppe 1925 kamen deren Aktien an die Vereinigte Stahlwerke AG, die<br />

schließlich r<strong>und</strong> 56 Prozent des Aktienkapitals auf sich vereinigen konnte. Die<br />

Übernahme durch den deutschen Großkonzern beeinflusste die Geschicke der<br />

ÖAMG in zweierlei Hinsicht ganz erheblich. Erstens wurde der Betrieb in Österreich<br />

auf die Bedürfnisse der deutschen Verhältnisse abgestimmt, also auf die<br />

Gewinnung <strong>und</strong> Lieferung von bestimmten für die Fertigung im Ruhrgebiet vorgesehenen<br />

Rohstoffen, hauptsächlich Roheisen <strong>und</strong> Gusseisen, umgestellt. Zweitens<br />

wurde das DINTA-System (Deutsches Institut für technische Arbeitsschulung)<br />

auch in der ÖAMG eingeführt, um auf diese Weise die gesamte Belegschaft einer<br />

Politik der aggressiven Effizienzsteigerung zu unterwerfen. 183 In weiterer Folge<br />

wurden die Betriebe der ÖAMG, <strong>und</strong> das waren der Großteil der Eisen verarbeitenden<br />

Industriebetriebe in der obersteirischen Industrieregion, zu Bollwerken<br />

gegen den „marxistischen Terror“ ausgebaut. Viele leitende Angestellte <strong>und</strong> Werkstättenmeister,<br />

die zugleich als Heimatschutzführer eine politische Machtstellung<br />

in der näheren Umgebung besaßen, übten direkten <strong>und</strong> indirekten Druck auf ihre<br />

Untergebenen aus.<br />

181 Hans Jörg Köstler, Das steirische Eisenhüttenwesen von den Anfängen des Floßofenbetriebes im<br />

16. Jahrh<strong>und</strong>ert bis zur Gegenwart. In: Roth, Erz <strong>und</strong> Eisen, S. 127.<br />

182 Stefan Karner, Steirisches Eisen zwischen Wirtschaftskrise <strong>und</strong> Kriegskonjunktur (1914–1945).<br />

In: Roth, Erz <strong>und</strong> Eisen, S. 367–368.<br />

183 Schleicher, Heisses Eisen, S. 15ff; P.G. Fischer, The Österreichisch-Alpine Montangesellschaft,<br />

1918–38. In: International Business and Central Europe 1918–1939 (Leicester 1983) S. 253–255;<br />

Ewald Weinhandel, Der Kampf um die Unternehmerkontrolle in der Zwischenkriegszeit am Beispiel<br />

der Werksgemeinschaftsideologie, des DINTA-Systems <strong>und</strong> der Betriebspolitik der Österreichisch-Alpinen<br />

Montangesellschaft (Dipl. Arb., Graz 1990) S. 67ff.<br />

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